Schleichwerbung, Sponsoring und gekaufte Likes | Rechtliche Stolperfallen im Facebook Marketing Teil 13

Wenn wir Werbung als solche erkennen, werden wir ihr gegenüber skeptischer. Daher ist es kein Wunder, dass Unternehmen sich seit Jahrzehnten bemühen, Werbung möglichst unaufdringlich zu gestalten. Gleichzeitig setzt ihnen der Verbraucherschutz Grenzen, damit Verbraucher die wirtschaftliche Motivation von scheinbar unabhängigen Aussagen unterscheiden können.

Wo diese Grenzen liegen, werde ich Ihnen in diesem Beitrag anhand von Mitarbeiterengagement, Kauf von Fans und Kommentaren, Gewinnspielen & Likes sowie „Guerilla Marketing“ erläutern. Doch zuerst ein kurzer Blick auf die gesetzlichen Grundlagen.

Rechtliche Grundlagen

Es gibt eine Vielzahl von Vorschriften, die vorschreiben, dass Werbung als solche erkennbar sein muss:

  • Im Telemediengesetz ist es § 6 TMG, der besagt, dass „Kommerzielle Kommunikationen“ klar als solche zu erkennen sein müssen.
  • Im § 4 Nr.3 UWG steht, dass der „Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen“ nicht verschleiert werden darf.
  • § 58 RfStV  enthält ein so genanntes Trennungs- & Erkennungsgebot, sodass „Werbung als solche klar erkennbar sein“ und „vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein muss“. Zudem dürfen in der Werbung „keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden.“

Wenn Sie gegen diese Vorgaben verstoßen, können Sie von Mitbewerbern abgemahnt werden. Daneben gibt es vergleichbare Vorgaben von Selbstkontrollorganen diverser Branchen, wie dem Deutschen Rat für Public Relations, die bei Verstößen Rügen, oder sogar härtere Sanktionen aussprechen können.

Soll jemand wegen unzulässiger Werbung sanktioniert werden, hört man oft den Einwand „Aber es war doch keine Werbung.“. Meistens stimmt das jedoch nicht.

Äußerungen mit Werbecharakter

Um es kurz zu sagen, praktisch jede Äußerung eines Unternehmens, die dem Absatz von Waren und Produkten gilt, ist als Werbung zu qualifizieren. Dazu gehört insbesondere auch Imagewerbung, also Äußerungen, die nicht direkt zum Produktverkauf, aber zum Ansehen des Unternehmens oder zur Steigerung der Kundentreue beitragen.

Dies bedeutet z. B., dass praktisch jede Aktivität eines Unternehmens auf Facebook Werbung darstellt, die auch als solche erkennbar sein muss. Wenn Unternehmen selbst handeln, ist diese Werbung zumeist erkennbar. Problematisch wird es, wenn die Mitarbeiter sich für das Unternehmen einsetzen.

Mitarbeiter als Markenbotschafter

 

Die Social Media Guidelines der Deutschen Post DHL klären die Mitarbeiter darüber auf, dass sie nur im eigenen Namen sprechen und auf die Unternehmenszugehörigkeit hinweisen sollten.
Die Social Media Guidelines der Deutschen Post DHL klären die Mitarbeiter darüber auf, dass sie nur im eigenen Namen sprechen und auf die Unternehmenszugehörigkeit hinweisen sollten.

Wenn Mitarbeiter sich zu Gunsten ihrer Arbeitgeber äußern, muss also diese Motivation deutlich erkennbar sein.

Wenn Mitarbeiter auf der Facebook-Seite ihres Arbeitgebers unter dem privaten Namen Beiträge auf eigenen oder fremden Seiten kommentieren, sollten sie dafür sorgen, dass ihre Zugehörigkeit zu dem Unternehmen erkennbar ist. Das kann z. B. mit einem Zusatz „Mitarbeiter Muster GmbH“ erfolgen.

Jedoch kann es sein, dass Mitarbeiter sich tatsächlich privat äußern möchten. Das ist natürlich möglich, muss aber auch erkennbar sein. Geschieht die Aussage während der Arbeitszeit und vom Arbeitsplatz aus gilt im Zweifelsfall, dass ein Mitarbeiter sich für den Arbeitgeber äußert. Bei Geschäftsführern oder Unternehmensinhabern sind die Anforderungen an die Erkennbarkeit sogar noch höher, da diese quasi „immer bei der Arbeit sind“.

Ich empfehle daher bei Äußerungen im Zusammenhang mit dem Arbeitgeber oder eigenen Unternehmen den obigen Zusatz zu erweitern: „Ich bin Mitarbeiter der Muster GmbH, es ist jedoch meine Privatmeinung„.

Im Fall von Verstößen haftet das Unternehmen für die eigenen Mitarbeiter, auch wenn es von deren „Werbemaßnahmen“ nichts wusste (§ 8 Abs.2 UWG). Das gilt ganz besonders, wenn das Unternehmen z. B. in Diskussionen verteidigt wird oder dessen Produkte hochgelobt werden. Ein extremes Beispiel finden Sie in dem Beitrag „So vermeiden Sie die Haftung für ‚private‘ Facebook-Aktivitäten Ihrer Mitarbeiter“ beschrieben.

Das effektivste Mittel für Unternehmen, um die Haftung für die Mitarbeiter zu vermeiden, ist deren Aufklärung.

Zusatz: Was für Mitarbeiter gilt, gilt erst recht für andere Beauftragte.

Gesponserte Beiträge

Zwar würde der Hinweis auf das Sponsoring m.E. die gesetzlichen Anforderungen an erkennbare Werbung erfüllen, aber trotzdem läge ein Verstoß gegen die Facebookregeln vor.
Zwar würde der Hinweis auf das Sponsoring m. E. die gesetzlichen Anforderungen an erkennbare Werbung erfüllen, aber trotzdem läge ein Verstoß gegen die Facebook-Regeln vor.

Unter Bloggern sind gesponserte Beiträge verbreitet, in denen Unternehmen z. B. deren Produkte testen lassen oder gleich ganze Beiträge in einem Blog platzieren. Dabei muss der Werbecharakter, je nach den Umständen des Falles, anhand von Hinweisen in den Beiträgen oder durch eine Kennzeichnung als „Werbung“ erkennbar sein (dazu empfehle ich meinen Beitrag: „Blogger-Relations: Was bei Produktzusendungen an Blogger rechtlich zu beachten ist„).

Auch z. B. bei Twitter sind gesponserte Beiträge nicht unüblich. Die Facebook-Regeln verbieten jedoch „Sponsoring“ dieser Art (s. für Seiten Punkt III.A. der Seitenrichtlinien und für persönliche Profile Punkt 4.4. der Nutzungsbedingungen). Das ist nicht verwunderlich, da Facebook selbst über den Verkauf von Werbeflächen auf der eigenen Plattform bestimmen möchte.

Wenn Sie für die Veröffentlichung Ihrer Beiträge dennoch Geld erhalten, kommen Sie in eine Zwickmühle. Entweder Sie halten sich an das Gesetz und kennzeichnen einen Beitrag als „Gesponsert“ oder Sie verzichten darauf, damit Facebook das nicht bemerkt und den Beitrag nicht löscht, verstoßen dann aber gegen das Gesetz. Unternehmen und Agenturen, die Beiträge „sponsern“, sollten zudem daran denken, einen Haftungsausschluss zu vereinbaren, falls das gesponserte Profil von Facebook gelöscht wird.

Wenn Sponsoring verboten ist, wie sieht es dann eigentlich mit wirtschaftlich motivierten „Fans“ und „Likes“ aus?

Likes per Fangating generieren

Fangating, wie hier auf der Facebookseite von Lidl, ist nach Ansicht des Hamburger Landgerichts zulässig.
Fangating, wie hier auf der Facebook-Seite von Lidl, ist nach Ansicht des Hamburger Landgerichts zulässig.

Auch wenn Facebook gesponserte Werbung verbietet, ist das Fangating erlaubt. Damit ist eine Zugangsbeschränkung gemeint, die es erst nach dem Klick auf ein Like erlaubt, z. B. an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Fangating kann aber auch außerhalb von Facebook verwendet werden. Z. B. kann ein Like als „Bezahl-Schranke“ von einem Nachrichtenmagazin verwendet werden.

Verbraucherschützer fanden, dass diese Art des Like-Erwerbs ebenfalls eine Verbrauchertäuschung darstellt. Denn die Besucher einer Facebook-Seite sehen die Likes, denken, ein Unternehmen oder Produkt ist beliebt, obwohl die Motivation für den Likeklick tatsächlich eine andere war.

Das Hamburger Landgericht (10. Januar 2013, Az.: 327 O 438/11) war jedoch einer anderen Ansicht und meinte, dass in diesem Fall keine Irreführung der Verbraucher vorliegt. Die Richter begründeten das damit, dass ein „Like“ nicht automatisch ein „Finde ich gut“ bedeutet, sondern eine neutrale Aussage sein kann.

Das hieße aber, dass der Kauf von Likes damit erlaubt ist, oder?

Fankauf

Beim Fankauf erwerben Unternehmen z. B. „10.000 Likes“ für deren Fanseite, deren Preis von der Qualität der Fans abhängig sind. Karteileichen aus Südamerika sind günstiger als „Qualitätsfans“ aus Deutschland, die nicht so einfach als gekaufte Fans erkennbar sind.

Da der Fankauf eine Alternative zur Fangewinnung durch Facebook-Werbung ist, ist er seitens von Facebook untersagt. Rechtlich ist der Fankauf jedoch ungeklärt, da wie oben gesagt, dem Like ein gewisser „neutraler“ Charakter attestiert worden ist. In der Praxis sind mir jedoch keine Abmahnungen wegen angeblichem Fankaufs bekannt. Das liegt mitunter daran, dass man Fankauf zwar erahnen kann, er aber kaum nachzuweisen ist.

Das bedeutet umgekehrt, dass Sie nie behaupten sollten, jemand hätte Fans gekauft. Denn dann müssen Sie wiederum den Fankauf nachweisen (lesen Sie dazu bitte den Beitrag „70.000 Euro? – Grundlagen zulässiger Äußerungen„).

Anders als der Kauf von Likes, ist dagegen der „Kauf“ von Kommentaren (bzw. „aktiven Qualitätsfans“) zu bewerten.

Kauf von Bewertungen und Kommentaren

Es ist kein Verstoß, wenn Sie Ihre Kunden dazu auffordern z.B. von deren Einkauf bei Ihnen zu berichten (im Beispiel Amazon.de). Sie können auch schreiben, dass Sie sich über positive Bewertungen freuen. Allerdings sollten Sie den Kunden keine wirtschaftlichen Vorteile für diese Postings anbieten.
Es ist kein Verstoß, wenn Sie Ihre Kunden dazu auffordern, z. B. von deren Einkauf bei Ihnen zu berichten (im Beispiel Amazon.de). Sie können auch schreiben, dass Sie sich über positive Bewertungen freuen. Allerdings sollten Sie den Kunden keine wirtschaftlichen Vorteile für diese Postings anbieten.

Wenn Sie nicht nur Likes kaufen, sondern auch dafür bezahlen, dass Nutzer bei Ihnen kommentieren oder Ihre Facebook-Seite bewerten, handeln Sie rechtlich eindeutig unzulässig (sog. „Astro Turfing„).

Das gilt übrigens auch, wenn Sie die Nutzer nicht zu positiven Meinungen verpflichten. So entschied das OLG Hamm (23.11.2010, I-4 U 136/10), dass Kunden, die Rabatte für eine Bewertung erhalten, dazu neigen, sich eher positiv zu äußern und deswegen schon die Aufforderung dazu einen Fall von Schleichwerbung darstellt.

Ich denke, diese Entscheidung des Gerichts ist nachvollziehbar. Aber wie sieht es eigentlich in Bereichen aus, in denen es geradezu darauf ankommt, dass Werbung als solche nicht erkannt wird?

Guerilla Marketing

„Guerilla Marketing“ steht für  ungewöhnliche Aktionen,  bei denen die Konsumenten die Werbebotschaft aufnehmen sollen, ohne sofort zu merken, dass es sich dabei um Werbung handelt. Die Werbung soll dabei häufig im Hintergrund stehen und überraschen.

Damit können zwar Vorbehalte der Konsumenten gegenüber Werbung umgangen werden, jedoch will das Gesetz gerade, dass Werbung erkennbar ist. Daher muss verdecktes Marketing zwangsläufig im Graubereich des Wettbewerbsrechts agieren.

Das ist unproblematisch, wenn bereits aus der Werbung heraus erkennbar ist, für welche Produkte oder Unternehmen geworben wird. Z. B. weil sie am Ende eines Werbeclips bekannt gegeben werden.

Ein geringeres Risiko sehe ich auch, wenn die Kampagne zuerst keine konkreten Produkte oder Unternehmen bewirbt, d.h. potenzielle Kunden nicht unmittelbar beeinflusst. Ein Beispiel ist die „First Kiss“-Kampagne (s. Clip unten), die zuerst ohne eine Werbeaussage daher kam und erst am Ende deutlich wurde, dass ein Unternehmen die Clips lanciert hat.

Problematisch wird es jedoch, wenn die Aktionen bereits unterschwellig und mittelbar die Rezipienten beeinflussen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die erfolgreiche „Horst Schlemmer“-Kampagne, bei der die Kunstfigur von Hape Kerkeling in einem Video-Blog von seinem Weg zum Führerschein berichtet. Erst am Ende der Reihe wurde offen gelegt, dass es eine verdeckte Kampagne von VW war. Sie war jedoch rechtswidrig, da in den Clips VW-Fahrzeuge auftauchten und damit die Zuschauer mittelbar zu Gunsten des Herstellers beeinflussten.

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Fazit

Der ehemalige Rennfahrer Mario Andretti sagte einmal:

„Wenn die Dinge unter Kontrolle scheinen, bist du einfach nur nicht schnell genug.“

Übertragen auf Recht & Marketing bedeutet das, dass erfolgreiches Marketing schon immer am Limit des rechtlich Möglichen operiert hat. Neue Werbemethoden, wie das „native Advertising“, testen diese Grenzen erneut aus und haben Erfolg damit. Aber wie für Rennfahrer gilt auch für Marketer, dass sie ihre Grenzen kennen und den Unterschied zwischen einem klaren Verbot und einer dunkelgrauen Grauzone kennen müssen.

Das gilt insbesondere, weil Agenturen Kunden gegenüber haften, wenn eine Kampagne rechtswidrig sein sollte. Daher sollte eine rechtliche Beratung und eine Rücksprache mit den Kunden zu jeder Werbung gehören, die rechtliche Grenzen austestet.

Weitere Themen dieser Serie:

  1. Einleitung: Rechtliche Stolperfallen beim Facebook Marketing (KW 4 / 2014)
  2. Registrierung – Persönliche Chronik oder Facebook-Seite (KW 5 / 2014)
  3. Die Wahl des Konto- & Seitennamens (KW 6 / 2014)
  4. Das Impressum (KW 7 / 2014)
  5. Datenschutzerklärung, Disclaimer & Netiquetten (KW 8 / 2014)
  6. Nutzung von Bildern (KW 9 / 2014)
  7. Nutzung von Bildern 2 (KW 11 / 2014)
  8. Facebooks IP-Lizenz, Stockbilder, Sharing und Vorschaubilder (KW 12 / 2014)
  9. Grundlagen der Nutzung von fremden Texten (KW 16 / 2014)
  10. Sharing von Texten, Leistungsschutzrecht und Umgang mit Nutzerbeiträgen (KW 17 / 2016)
  11. Meinungen, üble Nachreden und Umgang mit Wettbewerbern (KW 18 / 2014)
  12. Wir sind besser als die Konkurrenz – Werbeinhalte und -Anzeigen (KW 16 / 2014)
  13. Schleichwerbung, Sponsoring und gekaufte Likes (KW 28 / 2014)
  14. Fanpage-Einladungen, Direktmarketing und Adressengenerierung (KW 32 / 2014)
  15. Gewinnspiele und Wettbewerbe
  16. Verdecktes Guerilla-Marketing
  17. Nutzung der Marke Facebook, der Markenlogos und Screenshots
  18. Haftung für Inhalte der Seite, Links, Werbeanzeigen und Fanbeiträge
  19. Datenschutz und  Social-Media-Plugins
  20. Mitarbeiter und Social-Media-Guidelines

Bildquelle: Justitia @ Shutterstock

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenkehttps://drschwenke.de
Dr. jur. Thomas Schwenke, LL.M. (UoA), Dipl.FinWirt (FH), ist Rechtsanwalt in Berlin, berät international Unternehmen sowie Agenturen im Marketingrecht, und Datenschutzrecht, Vertragsrecht und E-Commerce, ist Datenschutzsachverständiger, zertifizierter Datenschutzbeauftragter sowie Referent, Blogger, Podcaster und Buchautor. Podcast: Rechtsbelehrung, DSGVO-Datenschutzerklärung: Datenschutz-generator.de.

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