Fediverse: Tipps zum Einstieg für Social Media Manager*innen

Liegt die Zukunft von sozialen Netzwerken in der Dezentralisierung? Meta hat es vorgemacht und Threads mit dem Fediverse verbunden. Ein Begriff den Social Media Manager*innen bald häufiger hören dürften. Doch welche Vorteile bietet die Idee einer Dezentralisierung im Kontext von sozialen Netzwerken und wie funktioniert das Fediverse eigentlich? Die wichtigsten Facts zum Fediverse für dein Social Media Management in der Übersicht: 

Was ist das Fediverse?

Der Begriff Fediverse ist eine Abkürzung und steht eigentlich für Federated Universe (Fedi + Verse). Mit Federation (Föderation) ist ein Netzwerk voneinander unabhängiger, jedoch föderierter sozialer Netzwerke gemeint. Dies wiederum bedeutet, dass als eine Art Föderation oder Zusammenschluss verschiedene soziale Netzwerke miteinander verbunden sind, die jedoch nicht zusammengehörig sind. 

Das Fediverse bewegt: Wir reden im Podcast über das Potenzial von dezentralen Instanzen für Social Media

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Ein Gegenteil dazu stellen Netzwerke dar, die zwar jeweils eigenständige Plattformen haben, aber trotzdem zusammengehören, wie die Meta Plattformen Instagram, WhatsApp oder Facebook. Jede davon ist zwar eine eigene Plattform, aber sie alle sind Teil des Meta Konzerns und damit nicht unabhängig. Allerdings hat Meta inzwischen die Interoperabilität zwischen seiner Plattformen Threads und dem Fediverse verfügbar gemacht. Threads soll hierbei erst der Anfang sein und Meta plant noch weitere Schritte Richtung Fediverse. Mehr zu Metas Plänen im Fediverse findest du hier auf AllSocial.

Wie funktioniert das Fediverse?

Im Fediverse betreibt jede Plattform ihre eigenen Server (Fediverse Instanzen). Benutzer*innen können über diese Instanzen mit anderen Benutzer*innen kommunizieren, ohne ihre ursprüngliche Instanz verlassen zu müssen. Du kannst also mit einem Mastodon Konto zum Beispiel einen Beitrag auf Threads liken oder kommentieren. Das Fediverse will damit zu einer dezentrale und vielfältigen Online-Community beitragen, in der User*innen nicht mehr an eine einzelne Plattform gebunden sind. 

Das Bild zeigt die grundlegende Kommunikation im Fediverse. Das ActivityPub-Protokoll sorgt für eine Inbox für eingehende Inhalte und eine Outbox für ausgehende Inhalte. Die Inhalte erscheinen dann im Activity Streams 2.0-Format der Outbox.
Das Grundprinzip des Fediverse: Inbox & Outbox. Quelle: W3C.

Aufgebaut ist das Fediverse als ein globales und offenes Netzwerk von miteinander verbundenen Servern, die trotzdem unabhängig voneinander sind. Jeder Server hat seine eigenen User*Innen, Inhalte und Regeln. Diese Server sind zudem in der Lage, Informationen untereinander auszutauschen und zu übermitteln. User*Innen können so über die Grenzen einzelner Plattformen hinweg miteinander kommunizieren und in Verbindung treten. 

Kommunikation erinnert an E-Mail Postfächer

Als Verbindung zwischen den Servern dient das sogenannte ActivityPub-Protokoll. Du kannst es dir in etwa so vorstellen, wie E-Mails zur Kommunikation mit anderen Mail-Postfächer funktionieren. In einer Mail kannst du mit anderen sprechen und dich vernetzen, unabhängig davon, auf welchem Server deine Kontakte letztlich ihr Postfach haben. Dir wiederum reicht dein jeweiliger Mail-Account, um anderen eine E-Mail zu schreiben. Nach diesem Muster läuft auch die Kommunikation über das ActivityPub-Protokoll ab. 

Der Vorteil dieser Technik liegt in der dezentralen Kommunikation und dem dezentralen Aufbau der sozialen Netzwerke im Fediverse. Gedacht waren die Fediverse Instanzen daher als Alternativen zu herkömmlichen Social Media Plattformen, die sich in der Hand von wenigen Konzernen befinden. Im Fediverse sollen die User*innen mehr Kontrolle über ihre Daten haben und nahtlos über Plattformen hinweg kommunizieren können. 

Grundlage des Fediverse: Das ActivityPub Protokoll

Entscheidender Baustein des Fediverse ist das bereits erwähnte ActivityPub-Protokoll. Das wichtigste Merkmal dieses Protokolls ist dessen Dezentralität. Der aus der IT stammende Begriff bedeutet eine grundsätzliche Verteilung von Daten, Funktionen oder Knotenpunkte (wie eben die Server bzw. Instanzen des Fediverse) anstatt sie an einem Ort zentralisiert zu speichern oder zu lagern. Vorteilhaft ist dabei, dass keine zentrale Einrichtung (wie ein Konzern) Zugriff auf alle Daten oder Informationen hat. 

Aus technischer Sicht, werden ActivityPub User*innen als “Actors” bezeichnet. Jeder Actor besitzt eine Inbox und eine Outbox. Denke hier einfach wieder an deine E-Mails. Hier hast du ebenfalls zwei Ordner: einmal deinen Posteingang und einmal deinen Postausgang. Wenn User*innen ihre Inhalte teilen möchte, posten sie diese im Activity Streams 2.0-Format in der Outbox. Andere können diese Outbox nun abrufen und die Inhalte anschauen.  

Das Protokoll ermöglicht das Veröffentlichen von Inhalten wie Blogbeiträgen, Forenbeiträgen, Social Media Beiträge oder Postings in Kurznachrichtendiensten. Es dient dabei als Spezifikation für die Interaktion zwischen Client und Server sowie für die Server-zu-Server-Kommunikation und bietet für beides jeweils eine eigene Schnittstelle.

ActivityPub Protokoll wurde vom World Wide Web Council (W3) entwickelt

Interessant am ActivityPub-Protokoll ist auch die Tatsache, dass es speziell für Social Media entwickelt wurde. Verantwortlich ist die Social Web Working Group des World Wide Web Consortium (W3C). Das W3C ist eine internationale Organisation, die sich wiederum aus über hundert Mitgliedsorganisationen zusammensetzt, die meist aus den Bereichen IT und Kommunikation stammen.

Mit dem ActivityPub-Protokoll hat sich das W3C zum Ziel gesetzt, für Social Media einen neuen und vor allem dezentralen Ansatz zu schaffen als Antwort auf Entwicklungen, bei denen Social Media zunehmend der Marktmacht einzelner weniger Konzerne untersteht. Gesucht wurde die Möglichkeit, über verschiedene soziale Plattformen kommunizieren zu können, ohne dass die gesamte Kommunikation über eine einzelne Instanz oder Plattform abläuft. Das ActivityPub-Protokoll soll damit die Offenheit von Social Media steigern. 

Welche Plattformen sind im Fediverse?

Im Fediverse sind einige Plattformen zuhause. Von manchen hast du sicher schon gehört. Am bekanntesten dürften wohl Mastodon aus Deutschland und Bluesky sein, das der ehemalige Twitter-CEO Jack Dorsey ins Leben gerufen hat. Beide sind Kurznachrichtendienste oder Microblogs lassen sich bezüglich Aufbau und Funktion mit X (vormals Twitter) vergleichen. Eine Besonderheit von Mastodon ist, dass du hier keinen vom Algorithmus diktierten Feed wie bei Instagram und Co. vorfindest, sondern selbst auswählst, was du alles und von welchen Mastodon Instanzen in deinem Feed sehen willst. 

Das Bild zeigt die Möglichkeit auf im eigenen Feed auf Threads auf Inhalte aus dem Fediverse reagieren zu können, zum Beispiel Liken oder Kommentieren.
Die Fediverse Anbindung im Threads Feed. Quelle: Meta.

Pixelfed ist eine Fotoplattform, die an die Anfangszeiten von Instagram erinnert, Peertube hingegen rückt Videos in den Mittelpunkt und ist eine Art YouTube des Fediverse. Mit Lemmy gibt es im Fediverse zudem eine Alternative zu Reddit, während Bookwyrm und Funkwhale Plattformen sind, auf denen du deine Buchempfehlungen und Leseaktivitäten bzw. Musik teilen kannst. Für längere Inhalte steht mit Writefreely eine Blogging-Plattform bereit und Friendica ähnelt in seinen Grundzügen Facebook. 

Der bisher bekannteste Name im Zusammenhang mit dem Fediverse dürfte inzwischen wohl Threads von Meta sein. Mittlerweile ist Threads mit dem Fediverse interoperabel ist und du kannst über Threads mit anderen Fediverse Instanzen interagieren.

Alle News zur Meta Plattform findest du in unserem Threads Feature Update!

Das Fediverse im Social Media Management

Was macht das Fediverse nun interessant für das Social Media Management? Zunächst die volle Kontrolle. Wenn du beispielsweise als Social Media Manager*in deine eigenen Accounts, die von Kunden oder eines Unternehmens pflegst und betreust, dann hast du sicher Richtlinien, wie beispielsweise eine Netiquette oder Ähnliches für das Community Management. 

Allerdings bist du bei allen Tätigkeiten als Social Media Manager*in darüber hinaus den Praktiken sowie Vorgaben des eigentlichen Plattformbetreibers unterworfen. Ebenso hast du hier nur eine eingeschränkte Kontrolle über deine Daten. Schließlich dienen all diese Plattformen einem kommerziellen Zweck und die Daten der User*innen sind letztlich der Preis für die Nutzung dieser Plattformen. 

Im Fediverse dagegen kannst du für dich, deine Kunden oder dein Unternehmen deine eigene Social Media Instanz einrichten oder dich für eine Instanz entscheiden, die deinen Vorstellungen und Anforderungen – bezüglich Moderationsrichtlinien, Datennutzung und was dir sonst noch wichtig ist – entspricht. 

Solltest du einen hohen Wert auf Datenschutz und Sicherheit legen, kannst du auch im Fediverse über Plattformen kommunizieren, die eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten. Ebenso warten im Fediverse auf Social Media Manager*innen eine recht vielfältige Community. Da du nicht an einen Plattform (bzw. Instanz) gebunden bist, kannst du wortwörtlich über Grenzen kommunizieren und dich mit den verschiedensten Communities austauschen.

Geringe Nutzerbasis

Allerdings ergeben sich aus Sicht des Social Media Management ein paar Nachteile, die du in deine Überlegungen einbeziehen solltest, wenn du planst, eine Social Media Präsenz für dich, Kunden oder ein Unternehmen im Fediverse anzulegen. 

Der größte Nachteil sind ganz klar die geringe Nutzerbasis und die eingeschränkte Funktionalität. Meist weist keine Plattform einen ähnlichen Funktionsumfang wie die bekannten großen Namen im Social Media Geschäft auf. Aktuell sind gemäß FediDB (einer Website, die Statistiken zum Fediverse anzeigt) ungefähr über 10 Millionen Accounts im Fediverse aktiv. Natürlich kein Vergleich zu Instagram. 

Wenn man nicht gerade technisch versiert ist, kann am Anfang das Konstrukt Dezentralität etwas einschüchternd wirken. Aber keine Sorge, man benötigt keine IT-Kenntnisse für ein Profil im Fediverse. Anders sieht es aus, wenn du im Fediverse deine eigene Instanz betreiben willst. Neben den anfallenden Betriebskosten für einen Server, solltest du hier über das nötige Fachwissen verfügen, um einen Server unterhalten zu können. Um einfach mal einen Blick in die Welt des Fediverse zu werfen, reicht ein Profil auf einer der weiter oben im Beitrag genannten Plattformen oder du legst dir ein Threads Profil an und verbindest dich über diesen Weg mit dem Fediverse.

Der Einstieg ins Fediverse für Social Media Manager

Wer weiß, wie lange das Fediverse noch eine Nische bleibt. Vielleicht ist Dezentralität sogar die Zukunft von Social Media? Die Fragen nach einem vernünftigen Datenschutz und mehr Transparenz dürften erstmal nicht so schnell verschwinden, wie unter anderem die laufenden Ermittlungen der EU gegen X oder die Bedenken der irischen Datenschutzbehörde gegenüber Meta bezüglich Meta AI beweisen. Fragen, für das Fediverse zumindest eine Alternative bietet, über die du ja vielleicht mal nachdenken willst. 

Für deine ersten Schritte im Fediverse empfehlen wir dir, ein bisschen Zeit zu nehmen und zumindest die Grundzüge hinter dem ActivityPub-Protokoll zu verstehen. Das W3C hat dir hier alles Wissenswerte aufgelistet

Du brauchst auch zunächst keine eigene Instanz (also deinen eigenen Server). Ein Profil auf einer Fediverse Plattform ist völlig ausreichend. Auf Github findest du eine Liste (dort unter dem Eintrag Services), die Dienste und Angebote aufzählt, die entweder im Fediverse sind oder zumindest teilweise das ActivityPub-Protokoll nutzen.

Content Formate für das Fediverse

Hast du dich auf einer Plattform registriert und dich mit dem Handling dieser Plattform vertraut gemacht, dann nutze die Möglichkeiten zur Kommunikation. Teile eigene Inhalte, like und kommentiere auf deiner Plattform und auf anderen Plattformen. Schließlich lebt das Fediverse vom Mitmachen über Plattformengrenzen hinweg. 

Nach diesem Kennenlernen, ist es sinnvoll, dir zu überlegen, wie das Fediverse Teil deines Social Media Management oder deines Social Media Marketings sein soll? Willst du deine Präsenz im Fediverse mit in dein Social Media Portfolio aufnehmen und welche Inhalte willst du überhaupt im (oder mit dem) Fediverse teilen? 

Hier unterscheidet sich das Fediverse eigentlich kaum von der Arbeit mit den herkömmlichen Plattformen, es ist zunächst einfach ein weiterer Account zum Betreuen. Aber bei der plattformübergreifenden Kommunikation macht es irgendwann schon Sinn, Inhalte zu erstellen, die gut und gerne von der Community im Fediverse über zahlreiche Instanzen geteilt werden.

 Ist das Fediverse die Zukunft von Social Media?

Ob das Fediverse nun wirklich die Zukunft von Social Media ist, lässt sich Stand heute nicht beantworten. Aber es zeigt definitiv eine andere Welt von Social Media auf, in der mehr Wert auf Schutz der eigenen Daten und Kontrolle über die persönliche Privatsphäre im Netz gelegt wird. Gerade im Vergleich zu herkömmlichen Plattformen, deren Geschäftsmodell größtenteils auf Werbung liegt und dadurch nur eingeschränkt Kontrolle der eigenen Daten zulassen, sobald man sich dort mit einem Benutzerkonto registriert. Man ist im Fediverse auch unabhängiger von einem allgegenwärtigen Algorithmus, da man im dezentralen Social Media Universum des Fediverse selbst bestimmen kann, wen oder welche Instanzen im Feed sehen will.

Alexander Hein
Alexander Heinhttps://axconsulting.de
Alexander Hein ist Freelancer für Content & PR. Schreibt gerne und dachte eines Tages: Warum nicht die eigene Leidenschaft zum Beruf machen? Als ehemaliger Gründer eines IT-Startups hat er einen Faible für Themen rund um Tech und IT. Darüber hinaus liegen weitere Schwerpunkte in der Zusammenarbeit mit Online-Shops und KMUs. Seit Mitte 2023 ist der studierte Germanist im AllSocial-Team.

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