Grundlagen der Nutzung von fremden Texten | Rechtliche Stolperfallen beim Facebook Marketing Teil 9

Recht und Gesetz - Justitia

In den letzten Teilen dieser Beitragsreihe standen Bilder im Mittelpunkt. Jedoch sind Texte ebenso unverzichtbar und bergen ebenfalls Risiken und Stolperfallen.

Aus diesem Grund werden Sie in dieser und der nächsten Folge erfahren, wann Texte urheberrechtlich geschützt sind, wie sich das neue Leistungsschutzrecht für Presseverlage auswirkt, wann ein Textzitat zulässig ist und ob sie Nutzerkommentare kopieren oder löschen dürfen.

Los geht es mit den urheberrechtlichen Grundlagen, die Sie kennen sollten:

Der urheberrechtliche Schutz von Texten

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Dieses Beispiel zeigt Ihnen das Prinzip der urheberrechtlichen Schöpfungshöhe. Der obige Text genießt keinen urheberrechtlichen Schutz, da es bloß eine sachliche Aufzählung von Fakten ist. Dagegen ist der untere Teil urheberrechtlich geschützt, weil er individuell-persönlich formuliert ist. Die Qualität und der Inhalt des Textes sind für den Schutz dagegen irrelevant.

Der Zweck des Urheberrechts ist der Schutz von individuellen, persönlichen oder – vereinfacht gesagt – kreativen Texten (§ 2 Abs.1 Nr.2 UrhG). Dagegen schützt das Urheberrecht keine Fakten und keine Ideen. Sie dürfen daher aus diesem Blickwinkel gesehen fremdes Wissen verbreiten und z. B. die Fakten aus einem Zeitungsartikel oder Geschäftsideen übernehmen.

Geschützt ist nur die textliche Ausdrucksweise, also die Kunst, Ideen und Fakten auf eine individuelle Art und Weise „zu Papier zu bringen“. Das bedeutet, je blumiger und fantasievoller ein Text ist, desto eher ist er geschützt. Dagegen ist ein Text, der rein sachlich Fakten auflistet, eher nicht geschützt. Daher sind Blogbeiträge, Zeitungsartikel, Bücher oder Musiktexte grundsätzlich geschützt, technische Anleitungen dagegen nicht.

Da textliche Kreativität einen Raum zur Entfaltung braucht, sind kurze Texte in der Regel nicht geschützt.

Schutz von kurzen Texten

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Vorsicht ist auch bei Zitaten und Sinnsprüchen geboten, deren Qualität auf der kreativen Formulierung beruht und deren Urheber noch keine 70 Jahre tot sind. Zum Beispiel ist dieses Zitat von Karl Valentin, welches laut Landgericht München I als Beispiel „bayerischer Wortakrobatik“ urheberrechtlich geschützt ist (LG München I, Urteil vom 08.09.2011, Az. 7 O 8226/11).

Ein Text, der aus wenigen Worten besteht, wird nur sehr selten urheberrechtlich geschützt sein, da sich mit wenigen Worten selten individuelle Texte erstellen lassen (man spricht von einer „Schöpfungshöhe„, die erreicht werden muss).

Aus diesem Grund sind einzelne Worte urheberrechtlich nicht geschützt. Das heißt, die oft gehörte Aussage „An diesem Wort habe ich das Copyright“ ist falsch. Allerdings können einzelne Worte als Marken für Produkte oder Dienstleistungen angemeldet werden.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen. So können bereits kurze Produktbeschreibungen oder PR-Texte geschützt sein, was auch für Facebook-Beiträge gilt. Wenn Sie schon mal versucht haben, alles Wissenswerte auf wenige Worte zu verdichten, werden Sie wissen, welche Kreativität dafür notwendig ist.

Auch kurze Werke der Sprachkunst, wie Limericks oder Haikus können trotz derer Kürze geschützt sein. Dieser Schutz gilt übrigens bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors.

Die Folge dieser Voraussetzung ist, dass Beiträge oder Kommentare bei Facebook nur ausnahmsweise geschützt sind. 

Beiträge und Kommentare bei Facebook

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Dieses Update auf der Facebook-Seite von Thomas Cook ist zwar kurz, dennoch aufgrund der individuell-persönlichen Formulierung und des Spiels mit den Worten „Höhe“ und „Tiefe“ urheberrechtlich geschützt und dürfte nicht von anderen Reiseveranstaltern kopiert werden.

Nachdem Sie nun die Schutzvoraussetzungen von Texten kennen, wissen Sie, dass man nicht alle Facebook-Beiträge oder Kommentare über einen Kamm scheren, sondern individuell prüfen muss. Das Gros dieser Beiträge ist jedoch eher banal, besteht aus ein paar kurzen Sätzen und wird nicht geschützt sein.

Allerdings gibt es auch Nutzer, die Facebook statt eines Blogs verwenden (z. B. Robert Basic oder Mirko Lange) oder Kommentatoren, die ähnlich umfangreiche und individuelle Kommentare verfassen. Da der Inhalt und die Qualität egal sind, können sogar die Kommentare des nervigsten Trolls geschützt sein, während kurze und prägnante Worte eines konstruktiven Nutzers keinen Schutz genießen.

Ist ein fremder Text urheberrechtlich geschützt (wovon Sie im Zweifel immer ausgehen sollten, da Zweifel im Urheberrecht zu Gunsten des Autors ausgelegt werden), stellt sich die Frage, wann und wie er übernommen werden darf.

Dabei gibt es generelle Regeln für alle Texte und spezielle Regeln innerhalb von Facebook. Zunächst gehe ich auf die generellen Regeln ein.

Die Einwilligung

Selbstverständlich dürfen Sie einen fremden Text verwenden, wenn dessen Rechteinhaber einverstanden sind. Jedoch reicht eine Einwilligung nur soweit der Autor weiß, wie sein Text verwendet wird und überhaupt die Rechte an dem Text hat. Daher sollten Ihre Anfragen immer die folgenden Punkte enthalten:

  • Rechteinhaberschaft – Die Rechte an einem fremden Text gehören zuerst dem Autor als Urheber. Allerdings kann der Urheber die Nutzung seiner Rechte Dritten übertragen haben, wie es bei Autoren, Journalisten oder angestellten Autoren oft der Fall ist. Das bedeutet, wenn Sie jemanden um eine Einwilligung bitten, fragen Sie immer, ob der Autor über die Rechte an dem eigenen Text verfügt.
  • Zweck der Nutzung – Des Weiteren müssen Sie mitteilen, für welchen Zweck Sie den Text nutzen wollen. Dabei müssen Sie insbesondere mitteilen, ob der Text gewerblich genutzt wird und auf welche Art und Weise. Es macht für einen Autor einen Unterschied ob sein Text auf einer geschäftlichen Facebook-Seite mit einer Million Mitglieder oder einer privaten Fanseite erscheint.
  • Bearbeitung – Wenn Sie den Text kürzen, übersetzen oder sonst verändern wollen, brauchen Sie dafür die Einwilligung des Autors.
  • Namensnennung – Das Gesetz verpflichtet Sie, immer den Namen des Autors als Urheberhinweis zu nennen. Sie dürfen den Urheberhinweis nur dann weglassen, wenn der Autor es Ihnen ausdrücklich erlaubt hat.
  • Übertragung von Rechten an Dritte – Facebook lässt sich an allen Inhalten Nutzungsrechte einräumen. Daher sollten Sie ebenfalls auf diesen Umstand hinweisen.

In professionellen Bereich werden lange Lizenzverträge verfasst, in denen jegliche Nutzungsarten einzeln bezeichnet werden. Geht es um die Übernahme von Texten „im Alltag“, z. B. von Bloggern, würden solche 100 % wasserdichte Lizenztexte abschreckend sein. Daher empfehle ich eine Kurzfassung, die wie folgt lauten kann:

Hallo ….., wären Sie damit einverstanden, wenn wir den folgenden Ausschnitt aus Ihrem Text  ‚Beispielstitel‘, „http://Text-URL…“ auf unserer Facebookseite „https://www.facebook.com/Ihre-VanityURL“ mit Nennung Ihres Namens und Links zur Quelle verwenden würden?

‚…Textausschnitt…‘

Wir stellen Stifte her und möchten zum „Tag der Literatur“ ein Beispiel für kreative Schreibkunst zeigen.

Bitte sagen Sie uns Bescheid, falls Sie den Text nicht selbst verfasst oder bereits die Rechte an dem Text jemandem übertragen haben (z. B. einem Verlag).

Hinweis: Der Text würde bei Facebook im Rahmen der dortigen Nutzungsbedingungen erscheinen (https://www.facebook.com/legal/terms, Punkt 2.). Die Nutzungsbedingungen beinhalten eine einfache Rechteeinräumung an dem Text zugunsten von Facebook, die insbesondere den Facebook-Mitgliedern erlaubt, unseren Beitrag mit Ihrem Text auf deren Pinnwänden zu teilen. Falls Sie weitere Fragen haben, stehe ich gerne für Antworten zu Ihrer Verfügung.

Wenn Sie keine Einwilligung haben, können Sie fremde Texte als Zitate nutzen.

Das Textzitat

Ein vielfach verbreiteter Irrglaube ist, dass ein Textzitat bereits dann zulässig ist, wenn die Quelle genannt ist. Das ist insoweit richtig, als bei einem Zitat die Quelle angegeben werden muss (§ 63 UrhG).

Darüber hinaus ist ein Zitat nach dem Urheberrecht nur dann zulässig, wenn es notwendig ist, um die eigenen Gedanken und Ausführungen zu belegen (§ 51 UrhG). Wenn Sie z. B. ein Gedicht revidieren, über einen Zeitungsbeitrag oder ein Interview berichten, dürfen Sie einzelne Sätze übernehmen, um Ihre eigenen Aussagen zu unterstützen. Ein Zitat ist also quasi das „Salz“ in der Suppe Ihres eigenen Textes.

Dagegen dürfen Sie den fremden Text nicht kopieren, um

  • sich die Zeit zu sparen, den Text mit eigenen Worten wiederzugeben,
  • ihren Lesern das Klicken des Links zu ersparen oder
  • um den Autor „zu unterstützen“, da Sie ja auf ihn hinweisen.

In solchen Fällen müssen Sie den fremden Text mit eigenen Worten wiedergeben.

Wenn Sie mehr über das Textzitat und dessen Voraussetzungen erfahren möchten, empfehle ich Ihnen meinen Artikel „Texte richtig zitieren, statt plagiieren (Anleitung mit Checkliste)„.

Wenn Sie bis hierhin aufmerksam gelesen haben, werden Sie sich vielleicht fragen, ob diese Voraussetzungen schon dann gelten, wenn einzelne Worte oder rein sachliche, also nicht kreative Sätze übernommen werden.

Kurze Textauszüge

Wenn Sie aus einem fremden Text nur einen kurzen Teil entnehmen, der selbst nicht individuell-persönlich ist, d. h. der nicht zu dem urheberrechtlichen Schutz des Textes beiträgt, müssen Sie weder um eine Einwilligung bitten, noch sich an die Zitatregeln halten.

Wie Sie jedoch an dieser leicht rechts-esoterischen Umschreibung merken, ist die Grenze schwer zu bestimmen. Wenn Sie jedoch nur den Titel und zwei Sätze übernehmen, werden Sie an dieser Stelle keine Probleme erhalten. Doch Obacht, ist der Satz selbst außergewöhnlich und kreativ, kann es schon anders aussehen.

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Manche Anbieter, wie hier die Sueddeutsche.de helfen deren Lesern, indem Sie die Übernahme einzelner kurzer Ausschnitte ausdrücklich erlauben.

Fazit

Wenn Sie nun das Gefühl haben, dass Sie zwar die Prinzipien des Urheberrechtsschutzes von Texten verstanden haben, aber Ihnen die praktische Umsetzung noch sehr abstrakt erscheint, dann ist das völlig normal.

Wie sich all diese Regeln in der Praxis auswirken, werde ich Ihnen im nächsten Teil der Beitragsreihe vorstellen. Dort werde ich auf die alltäglichen Fragen beim Teilen oder Einbinden fremder Texte, Löschen von Nutzerkommentaren sowie den Einschränkungen durch das Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingehen.

P. S. Mehr zur Nutzung von fremden Texten können Sie auch in meinem Buch „Social Media Markenting & Recht“ erfahren, das in der 2. Auflage erschienen ist. An dieser Stelle möchte ich mich für Ihre Rückmeldungen, Vorschläge und Fragen auf meine Artikel bei Allfacebook.de bedanken, die ich bei der Neuauflage berücksichtigt habe, und die ein Buch für die Praxis überhaupt erst lesenswert machen. Dankeschön!

Weitere Themen dieser Serie:

  1. Einleitung: Rechtliche Stolperfallen beim Facebook Marketing (KW 4 / 2014)
  2. Registrierung – Persönliche Chronik oder Facebook-Seite (KW 5 / 2014)
  3. Die Wahl des Konto- & Seitennamens (KW 6 / 2014)
  4. Das Impressum (KW 7 / 2014)
  5. Datenschutzerklärung, Disclaimer & Netiquetten (KW 8 / 2014)
  6. Nutzung von Bildern (KW 9 / 2014)
  7. Nutzung von Bildern 2 (KW 11 / 2014)
  8. Facebooks IP-Lizenz, Stockbilder, Sharing und Vorschaubilder (KW 12 / 2014)
  9. Grundlagen der Nutzung von fremden Texten (KW 16 / 2014)
  10. Sharing von Texten, Leistungsschutzrecht und Umgang mit Nutzerbeiträgen (KW 17 / 2016)
  11. Meinungen, üble Nachreden und Umgang mit Wettbewerbern (KW 18 / 2014)
  12. Wir sind besser als die Konkurrenz – Werbeinhalte und -Anzeigen (KW 16 / 2014)
  13. Schleichwerbung, Sponsoring und gekaufte Likes (KW 28 / 2014)
  14. Fanpage-Einladungen, Direktmarketing und Adressengenerierung (KW 32 / 2014)
  15. Gewinnspiele und Wettbewerbe
  16. Verdecktes Guerilla-Marketing
  17. Nutzung der Marke Facebook, der Markenlogos und Screenshots
  18. Haftung für Inhalte der Seite, Links, Werbeanzeigen und Fanbeiträge
  19. Datenschutz und  Social-Media-Plugins
  20. Mitarbeiter und Social-Media-Guidelines

Image-Credits: Justitia @ shutterstock.com

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