Etwa 1.000 Euro: Mehr braucht es nicht, um ein Social-Media-Profil mit 100.000 Followern und 10.000 Likes und Kommentaren zu versehen. Und schon erweckt man den Anschein, ein Influencer zu sein.
Solche durch Fake-Follower gepimpte Accounts sind ein Problem für die Branche. Werbungtreibende wollen schließlich mit Influencer-Marketing-Kampagnen ihre Zielgruppen erreichen und sie in ihrer Kaufentscheidung oder Markenpräferenz beeinflussen. Und dafür ist die Auswahl von thematisch passenden und echten Influencern entscheidend.
Doch wie erkennen Marken und Agenturen echte Fans, statt gekaufte?
Mittlerweile ist dies nicht mehr so leicht, denn Bots sind gar nicht schlecht darin, menschliche Interaktion nachzuahmen. Außerdem bieten die einschlägigen Social-Media-Plattformen keine eigenen Tools an, um nicht-menschliche Profile zu erkennen. Im Bereich Influencer-Marketing fehlen darüber hinaus noch offizielle Benchmarks, an denen sich Werbungtreibende orientieren könnten.
Indiz Interaktionsrate
Engagieren Werbungtreibende und Agenturen ihnen unbekannte Influencer für eine Kampagne, ist ein Qualitätscheck der vermeintlichen Meinungsmacher unerlässlich, damit kein Budget verbrannt wird. Doch beim Enttarnen von Fake-Followern darf man nicht in Verallgemeinerungen denken. Pauschale Aussagen wie: „Ist bei einer Influencer-Kampagne die Interaktionsrate niedriger als vier Prozent, waren definitiv Fake-Follower im Spiel“, sind totaler Quatsch. Die Interaktionsrate ist von sehr vielen Faktoren abhängig. Beispielsweise von der thematischen Ausrichtung des Influencers und dem Inhalt des Postings. Modethemen können mehr Kommentare generieren (Wo kann ich das kaufen? Gibt‘s das auch in Blau?) als ein Landschaftsfoto. Postet der Influencer ein Gewinnspiel, wird er sehr wahrscheinlich mehr Kommentare und Likes erhalten, als auf einen durchschnittlichen Post. Aber auch Zielgruppen verhalten sich unterschiedlich. Teenies verteilen beispielsweise auf Instagram mehr Herzen und Kommentare als ältere Zielgruppen.
Indiz Fanwachstum
Das sprunghafte Ansteigen der Follower-Zahl und Interaktionen auf einem Account kann, muss aber nicht unbedingt auf den Einkauf von Fake-Followern hindeuten. Gründe für starkes Wachstum können beispielsweise Kooperationen mit einer Marke, Medienpräsenz oder die Zusammenarbeit mit einem reichweitenstarken Influencer sein. Um ein sprunghaftes Wachstum eines Profils zu beurteilen, bedarf es einer Analyse der Korrelation zwischen Followern und Interaktionsrate in den letzten sechs oder zwölf Monaten. Aber auch dann gilt es, die Zahlen nicht zu vorschnell zu interpretieren. Mit zunehmender Follower-Zahl kann die Interaktionsrate bei einem echten Influencer auch einmal leicht sinken.
Indiz Mehrsprachigkeit
Ist die Followerschaft eines Influencers sehr international, kann, aber muss das nicht zwingend ein Anhaltspunkt für Fake-Follower sein. Die Zusammensetzung der Fan-Schar hängt stark vom Thema und der Text-Bild-Ratio des Influencers ab.
Ein Beispiel: Ein renommierter Landschaftsfotograf, der auf seinen Social-Media-Profilen, besonders Instagram, seine Bilder in den Mittelpunkt stellt, diese aber nur kurz und knapp mit Text beschreibt, kann Leute aus aller Welt begeistern. Die Alarmglocken sollten schrillen, wenn der Influencer nur sehr wenige lokale Follower hat, aber sich hauptsächlich mit einem lokalen Thema beschäftigt.
Indiz Kommentarverhalten und Profilinformationen
Mittlerweile ahmen Bots menschliches Verhalten relativ gut nach. Kommentare sind oft täuschend echt formuliert. Allerdings geben Bots eher bewertende als inhaltliche Kommentare ab. Auch wenn eine große Anzahl von Interaktionen gleichzeitig auf einem Account stattfinden, kann das auf Bot-Aktivitäten hinweisen. Klickt man dann auf die Profilseiten, sieht man häufig Account-Namen, die aus einem Buchstaben-und-Zahlen-Wirrwarr bestehen. Fake-Profile haben oft nur wenige Bilder im Account, aber dafür im Verhältnis viel zu viele Follower.
Tools helfen beim Qualitätscheck
Für eine erste Einschätzung der Followerschaft von Influencern gibt es auf dem Markt Social-Media-Analyse-Tools, wie beispielsweise Quintly, Influencerdb oder Socialblade. Mit deren Hilfe ermittelt man woher die Follower kommen, die Rate von Fake-Followern und Fanwachstumskurven. Diese Metriken helfen dabei, erste Bedenken zu zerstreuen. Tiefergehende Analysen liefern nur die kostenpflichtigen Tool-Versionen. Auf Analyselösungen allein sollte man sich jedoch nicht verlassen. Eine händische Recherche über den vermeintlichen Influencer kann ebenfalls Licht ins Dunkel bringen. Auf welchen Social-Media-Kanälen ist er in welcher Form aktiv? Pflegt er einen Blog, in dem er regelmäßig Beiträge veröffentlicht? Welche weiteren Informationen liefert eine Suche im Internet, um die Authentizität des Influencers zu bewerten?
Schwarze Schafe gehören auf die Blacklist
Marken und Agenturen sollten die Qualitätssicherung bei der Influencer-Auswahl ernst nehmen. Welche Influencer ausgewählt und gebucht werden entscheidet maßgeblich über den Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne. Erhärtet sich im Laufe des Influencer-Checks der Fake-Verdacht heißt es: Finger weg von der Buchung.
Und nicht nur das: Werden Datenbanken gepflegt, muss die Person auch gleich auf die Blacklist gesetzt werden. Schwarze Schafe sind schlecht für die eigene Reputation und fürs Geschäft.
Titelbild: complize / photocase.com – Beitragsbild: Shutterstock.com
Also beim Thema Follower-Wachstum durch Kooperation mit einer Marke oder starkem Influencer wäre ich auch skeptischer. Die Reisebloggerin Nicki Sunderland hatte ja mal aus dem Nähkästchen geplaudert, wie viele Follower sie gewonnen hat wenn sie bei großen Accounts gefeatured wurde. Gigantische Sprünge lassen sich aus ihren Erfahrungen dadurch auch nicht erklären.
Kommt es dabei nicht trotzdem aufs Verhältnis an und die Art der Markenkooperation an? Ich meine, Sex sells und viele Blogger(innen) setzen darauf und zeigen sich leicht bekleidet am Strand, wodurch das eigentliche Reiseziel in den Hintergrund rückt, sie aber viele Likes und Follower generieren. Natürlich steigen die Followerzahlen selbst hier nicht explosionsartig an, aber würde ich einen starken Anstieg hier plausibler empfinden, als beispielsweise bei einer Food- oder Fashionbloggerin.
Für mich ist die Interaktion bzw. die Art/Anzahl der Kommentare der Follower und Abonnenten ein ganz klares Zeichen, ob ein Account echt oder fake ist. Ich behaupte nicht, dass sich Interaktion nicht auch faken lässt, aber der Aufwand, der in meinen Augen nötig wäre, um glaubhaft zu vermitteln, dass man wirklich so viele echte Susbcriber hat, wie angezeigt wird, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Wenn man mit gesundem Menschenverstand an die Sache geht, was ja auch mehr oder weniger die Kernaussage von Björns Gastbeitrag ist, dann findet man relativ schnell und einfach heraus, ob eine Person wirklich ein Influencer ist oder ob Follower und Likes fake sind.