Roblox, Fortnite und Co. – Spieleplattformen im Marketing

Gastbeitrag von Falk Ebert

Nike, BMW und Lego auf Fortnite?
IKEA rekrutiert auf Roblox?
Walmart verkauft physische Produkte darüber?

Was ist da eigentlich los? Ist das der nächste große Baustein im Kommunikations-Mix – oder nur das Nachbeben des Metaverse-Hypes?

Was sind Spieleplattformen?

Schauen wir mal rein. Doch was ist hier überhaupt mit Spieleplattformen gemeint? 

Erklären wir es mit einer Analogie: Vor dem Social-Media-Zeitalter musste man eine Website bauen, um seine Bilder im Internet zu zeigen. Dank Instagram und Co kann ich sie heute ganz einfach auf einer Plattform hochladen. Auf dieser zentralen Plattform kann ich mit meinem zentralen Account browsen, kommentieren und liken.

Spieleplattformen bieten dasselbe Prinzip jetzt für interaktive, dreidimensionale Erfahrungen. In den meisten Fällen sind das Games. Auf Spieleplattformen kann theoretisch jeder Spiele oder Spiele-artige Erfahrungen hochladen. Die Plattformen bringen Tools und Bausteine mit, die die Entwicklung einfacher machen. Und man bewegt sich über alle Spiele der Plattform hinweg im selben Avatar, mit denselben Freunden, über ein einheitliches Interface.

Weil dieses Prinzip erfolgreich ist, werden zur Zeit viele Spiele Plattform-artiger. Und viele Plattformen, die vor drei Jahren noch als “Metaverse Plattformen” angetreten sind, bewegen sich in Richtung Gaming.

Falk Ebert als Speaker auf der AllSocial Marketing Conference 2023 in München.
AllSocial Marketing Conference Speaker Falk Ebert. Quelle: AllSocial Marketing Conference 2023 München.

Es gibt viele dieser Plattformen, von denen die meisten noch nichts gehört haben dürften: Crayta, Dreams, Core, Rec Room, Nemesis, … Es gibt aber auch zwei Namen, die ihr sicher schon gehört habt: Roblox und Fortnite.

Roblox vs. Fortnite: Die Giganten im Vergleich

Obwohl sie oft in einem Atemzug genannt werden, unterscheiden die beiden Giganten sich grundlegend:

Fortnite: Was als innovatives Battle-Royale-Spiel begann, hat sich dank der klaren Vision von Epic-CEO Tim Sweeny zu einer Spiele-Plattform entwickelt. Heute bietet Fortnite nicht nur sein Kernspiel, sondern eine Vielzahl von nutzergenerierten Erfahrungen. Die starke grafische Leistung von Fortnite spricht besonders ältere Teenager und junge Erwachsene an. Mit regelmäßigen Live-Events in Zusammenarbeit mit Weltstars wie Travis Scott oder Ariana Grande hat sich Fortnite als kulturelles Phänomen etabliert.

Bild zeigt einen Ausschnitt von der Zusammenarbeit des Künstlers Travis Scott mit dem Spiel Fortnite.
Zusammenarbeit des Künstlers Travis Scott mit Fortnite, im Rahmen der Astronomical Show. Quelle: Travis Scott YouTube.

Roblox: Im Gegensatz dazu hat Roblox seine Wurzeln im Bildungsbereich und setzt auf eine zugängliche, einfachere Grafik. Diese Designentscheidung ermöglicht es, dass Roblox auf nahezu jedem Gerät läuft – von leistungsschwachen Smartphones bis hin zu VR-Headsets. Die Nutzerschaft von Roblox ist im Durchschnitt jünger, das Angebot in großen Teilen darauf ausgerichtet.

Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Roblox und die Möglichkeit für Online Shopping auf der Gaming Plattform.
Shopping auf der Gaming Plattform Roblox. Quelle: Roblox Press Kit.

Aus der Sicht von Marken unterscheidet sich vor allem die Art, wie man dort aktiv werden kann. Fortnite glänzt hier in groß angelegten, tief integrierten Markenkooperationen inklusive Ingame-Events, Character-Skins und sogar neuer Spielmodi. Diese Kooperationen sind meist zeitlich begrenzt und erzeugen so einen Sense of Urgency. Beispiele dafür sind die Marvel-Superhelden-Saison oder die Kooperation mit Lego, die das Spiel um tief integrierte Spielinhalte und Spielmöglichkeiten erweiterte. Diese Kooperationen dominieren die Plattform mit ihren Usern. Sie sind jedoch auch entsprechend teuer, teilweise im Bereich von Milliarden US-Dollar. Unabhängig von diesen großen Partnerschaften können Marken auch – wie jeder User – kleine Welten und Spielerfahrungen auf der Plattform anbieten. Die Herausforderung ist jedoch, Traffic darauf zu bekommen.

Roblox hingegen hat den Fokus dagegen etwas stärker auf den Long-Tail der Creator und Marken gelegt. Wie bei Fornite ermöglicht auch Roblox es, dauerhaft präsente Markenwelten zu schaffen. Jedoch bietet Roblox ein breiteres Spektrum an Werbemöglichkeiten, die für Traffic sorgen können, wenn die Welten nicht organisch performen. Stellt euch das wie Paid Social vor. Roblox bietet zudem die Möglichkeit an, nutzergenerierte und gebrandete Gegenstände zu verkaufen oder zu verschenken. Diese werden auf der Plattform “UGC” (User Generated Content) genannt und können, wie eingangs erklärt, über verschiedene Welten hinweg virtuell getragen werden. Auch spezielle Werbeformate wie “Out-of-Home”-Werbung in Welten sind in Roblox inzwischen programmatisch buchbar.

Bild zeigt den Shop in Roblox. Marken können hier virtuelle Produkte verkaufen.
Der Roblox Shop. Quelle: Screenshot Falk Ebert/Roblox.

Grund genug, sich Roblox für Marken mal etwas genauer anzusehen!

Warum Marken auf Roblox setzen

Zunächst mal: Fish, where the fish are. GenZ wird mit klassischen Medien immer schwerer zu erreichen. Und Roblox lockt mit beeindruckenden Nutzerzahlen und einer hohen Verweildauer. 

Roblox ist nicht nur ein Spiel, sondern ein sozialer Treffpunkt – wie früher der Skatepark, nur heute digital. Menschen treffen sich dort, erleben gemeinsam Abenteuer und drücken ihre Identität über ihre Avatare aus. Es gibt sogar Influencer, die sowohl auf als auch außerhalb der Plattform aktiv sind. 

Sind Gaming Plattformen also Social Media? Ja und nein. Nein, weil sie völlig anders funktionieren als Instagram und TikTok. “Flache” Inhalte, also Bilder und Videos, spielen keine Rolle. Und es gibt auch keinen Feed, der die neuesten Inhalte von Freunden anzeigt.

Gleichzeitig sind sie definitiv ein “soziales Medium” im weiteren Sinne. Sie sind ein digitaler Raum, in dem sich Menschen treffen. Wie bei Facebook und Co. müssen Marken diesen Raum und seine Eigenheiten verstehen, um dort ernst genommen zu werden. Und auch Spieleplattformen leben von User Generated Content – nur eben mit Minispielen und Mützen statt Texten, Bildern und Videos.

Bild zeigt die Desktop Anwendung der Roblox App auf einem Laptop.
Die Roblox Desktop App. Quelle: Roblox Press Kit.

In Q2 2024 waren an jedem einzelnen Tag rund 80 Millionen unterschiedliche Menschen auf Roblox. Ein solcher “Daily Active User” verbringt dort im Schnitt 2,4 Stunden pro Tag. 2023 konnte die Plattform berichten, dass Menschen dort insgesamt 60 Milliarden Stunden verbracht haben.

Branding wie im Spiel

Würde man nach der reinen Reichweite gehen, hätte Roblox keinen Vorteil gegenüber Bannern oder Social Ads. Spieleplattformen wie Roblox ermöglichen jedoch eine vollkommen andere Herangehensweise an Branding.

Zunächst einmal sind sie extrem immersiv. Sie sind ein First-Screen-Erlebnis ohne Second Screen. Und die Welten, in die man abtaucht, können die Marke widerspiegeln. Ein gutes Branding einer Roblox-Welt arbeitet also nicht mit dem Handwerkszeug eines Filmregisseurs, sondern mit dem eines Szenografen. Man arbeitet mit dem Gesamteindruck des (virtuellen) Raumes.

Noch spannender: Spielmechaniken können Botschaften vermitteln und Geschichten erzählen. In der akademischen Welt würde man von „Ludonarrativen“ und “Persuasive Games” sprechen. Die Roblox-Welt von Nivea liefert ein einfaches Beispiel: Um durch die heißen und trockenen Winde im Hitze-Level zu kommen, müssen Spielende ein “Moisture Boost” Produkt einsammeln. Die Produktwirkung wird nicht erzählt, sie wird erfahrbar.

Bild zeigt das Spiel Nivea Tower Run in Roblox.
„Nivea Tower Run“ in Roblox. Quelle: Screenshot Falk Ebert/Roblox.

Games als Performance-Kanal?

Für Branding taugen die Plattformen also, aber können sie auch messbar verkaufen? Vor einem Jahr wäre die Antwort hier noch ein klares “Nein” gewesen.

Doch etwas bewegt sich. Und zwar in Form von Pilot-Projekten auf Roblox. Walmart in den USA testete bereits den Verkauf physischer Produkte direkt aus Roblox heraus. Noch bleibt diese Möglichkeit wenigen Partnern vorbehalten. Aber es lohnt sich, hier ganz genau hinzuschauen!

Bild zeigt die Vorstellung des Auftritts des US-amerikanischen Unternehmens Walmart auf Roblox.
Walmart auf Roblox. Quelle: Walmart YouTube.

Erste Schritte für Marken

Braucht jedes Unternehmen jetzt eine Roblox-Strategie? Vermutlich nicht. Aber es lohnt sich für Marken, ganz neutral die Opportunitäten zu bewerten. Besonders Marken mit Zielgruppen unter 30 und echte Lovebrands erzielen mit ihren Projekten oft starke Marketing-ROIs.

Teil der Wahrheit ist jedoch auch: Die Zeiten, in denen man mit einem kleinen fünfstelligen Budget Millionen von Spielenden erreichen konnte, sind jedoch vorbei. Dafür ist Roblox als Marketingkanal bereits etabliert. Wer eine eigene Welt ernsthaft betreiben möchte, muss mit einem mittleren sechsstelligen Budget rechnen. Wer es richtig macht, erzielt damit aber auch nachhaltigen Erfolg.

Für den Einstieg gibt es jedoch auch kostengünstigere Optionen: Partnerschaften mit bestehenden Welten, um Inhalte dort zu integrieren, zum Beispiel. Influencer-Kooperationen. Oder klassische In-Game-Werbung. Damit können erste Erfahrungen mit der Plattform gesammelt werden. 

Zu Beginn sollte jedoch eine objektive strategische Einordnung erfolgen.

Fazit

Spieleplattformen bieten Marken faszinierende neue Möglichkeiten, ihre Zielgruppen zu erreichen und zu begeistern. Sie kombinieren die Immersion von Spielen mit immenser Reichweite. Dadurch können sie Marken- und Produktbotschaften breiten Zielgruppensegmenten effizient näher bringen.

Ob als Ergänzung zur bestehenden Marketingstrategie oder als zentraler Baustein für Kampagnen – es lohnt sich für Marken, die Möglichkeiten hier auszuloten.

Falk Ebert
Falk Eberthttps://falkebert.de
Falk Ebert ist selbstständiger Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Marketinginnovation. Nach der Gründung von Startups baute er in drei Agenturen Beratungsteams auf. 2022 wurde er Freelancer. Als leidenschaftlicher Gamer hilft er Marken und Unternehmen, die Möglichkeiten von Gaming und Gamification im professionellen Kontext zu verstehen und zu nutzen.

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