Gastbeitrag von Janko Cerin, LL.M. und Sebastian Deubelli
Welche Bilder darf ich ins Internet stellen und welche nicht? Stimmt das Gerücht, dass Facebook sämtliche Rechte an meinen Bildern erhält? Fotos und Illustrationen machen Social Media-Postings und journalistische Artikel erst so richtig lebendig – so viel steht fest. Damit Ihr aber rechtlich auf der sauberen Seite seid, folgt hier ein kleines Bildrechte-Einmaleins.
Ein Mythos, der sich hält: Verliere ich meine Bildrechte an die Plattform?
Wer sich näher mit Bildrechten im Internet beschäftigt, wird früher oder später mit der urban legend konfrontiert, dass mit dem Upload auf Social Media alle Rechte an das dementsprechende Portal übergehen würden. Es stimmt, dass Facebook & Co Rechte an den hochgeladenen Bildern bekommen. Diese brauchen sie aber auch, denn ohne dürften die Bilder anderen gar nicht im Newsfeed angezeigt werden. Falsch ist aber, dass man selbst Rechte verliert. Zwar lassen sich viele Plattformen nicht nur das einfache Nutzungsrecht einräumen, sondern sichern sich durch ihre AGB zu, Bilder an Dritte weiterverkaufen zu dürfen. Doch auch das unterliegt Einschränkungen und der Praxis hat sich gezeigt, dass davon bisher kein flächendeckender Gebrauch gemacht wurde.
Erlaubt ist, was erlaubt wurde
Heruntergebrochen gilt: Weder darf man selbst einfach so Bilder von anderen nutzen, noch muss man es hinnehmen, wenn Fremde sich an der eigenen Galerie bedienen. Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Ein Beispiel: Erlaubt die neue Bekanntschaft vom spanischen Badestrand netterweise den Upload des gemeinsamen Selfies auf Instagram, man nutzt das Bild dann aber stattdessen für die neue digitale Werbekampagne des eigenen Sonnencreme-Start-Ups, erkennen wohl auch bereits Laien das hier bestehende Missverhältnis zwischen Einwilligung und Nutzung.
So klar wie dieses (zugegebenermaßen etwas überspitzte) Beispiel stellen sich die Verhältnisse aber selten dar. Gerade bei großen Auftragsproduktionen oder Großveranstaltungen erscheint es eher unrealistisch, die Rechte aller Beteiligten – z.B. der Fotografin, des Veranstalters sowie der Inhaberin des Hausrechts – hundertprozentig zu klären. Auch gilt, dass die Einholung dieser verschiedenen Rechte zwar nicht schriftlich erfolgen muss, aber der besseren Beweisbarkeit zuliebe zumindest in Textform vorliegen sollte. Spätestens beim Versuch alle abgebildeten Personen eines Volksfestes im Nachhinein noch zwecks Einholens der Einwilligung zu identifizieren, wird man wohl in der Regel scheitern.
Welche Bildrechte es gibt und was man dabei beachten sollte, wenn man sich keinen Ärger einhandeln will, möchten wir euch im Folgenden erklären.
Die Basis von allem: Das Urheberrecht
Das Urheberrecht ist das zentrale Recht an einem Bild und steht ausweislich § 7 UrhG allein der Person zu, die SchöpferIn des Werkes ist. Das bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, wer die Idee gehabt oder Inspirationen geliefert hat und auch nicht, ob beispielsweise ein Foto im Rahmen eines konkreten Auftrags oder sogar einem Anstellungsverhältnis geschossen wurde. Es zählt allein, wer den Auslöser betätigt hat! So dürfen allein die FotografInnen entscheiden, von wem und wie die Aufnahmen verwertet werden dürfen.
Dies kann beispielsweise über die Einräumung von Nutzungsrechten gegen Nutzungshonorar geschehen. Das Nutzungsrecht (siehe § 31 UrhG) wiederum ist die Befugnis, eine Aufnahme auf bestimmte Arten verwenden zu dürfen. Dabei wird grob zwischen dem einfachen und dem ausschließlichen Nutzungsrecht unterschieden. Das einfache Nutzungsrecht erlaubt lediglich die Nutzung, das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt zusätzlich, andere Personen von der Nutzung auszuschließen und gegen eine widerrechtliche Verwendung vorzugehen. Als Stichworte, die die meisten bestimmt schon einmal gehört haben dürften, sind hier die Abmahnung, die Unterlassungsverfügung oder die Forderung von Schadenersatz zu nennen.
Schöpfungshöhe – Ist das Kunst oder kann das weg?
Maßgebliche Intention des Urhebergesetzes ist die Förderung von Kunst & Kultur: Den KünstlerInnen sollen Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, mit ihren Schöpfungen Geld zu verdienen. Das leuchtet ein, denn wer den Lebensunterhalt nicht mit der eigenen Kunst finanzieren kann, wird auch wohl nicht seine volle Kreativität & Zeit in das Schaffen neuer Werke investieren. Darunter leidet die Qualität der Kunst und schlussendlich unsere Kultur. Um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, müssen die Werke gemäß § 2 UrhG die sogenannte Schöpfungshöhe überschreiten. Da sich allerdings die Fehler der NS-Zeit nicht wiederholen sollen und man dem Staat im Ergebnis keine Deutungshoheit über den Kunstbegriff überlassen will, legen die Gerichte dies sehr großzügig zugunsten der UrheberInnen an. Weist ein Werk also irgendeinen – sei es auch noch so streitbaren oder abstrakten – Mehrwert für die Gesellschaft auf, gilt es als „persönliche geistige Schöpfung“ und damit als Kunst. Fällt ein Werk nicht unter diese Vorschrift, besteht kein Urheberrechtsschutz und die Schöpferin hat kein Recht, einem Dritten die Verwendung ohne ihre Einwilligung zu verbieten.
Das Urheberrecht gilt allerdings nicht bis in alle Ewigkeit, sondern läuft bei einfachen Lichtbildern 50 Jahre nach der Veröffentlichung, bei allen anderen Werken 70 Jahre nach dem Tod der Urheberin, ab und kann bis dahin auch von den Erben geltend gemacht werden.
Verfassungsgemäß gesichert: Das Recht am eigenen Bild
Eines der zentralen Drittrechte ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 i.V.m. Art. 2 GG), genauer gesagt das daraus resultierende „Recht am eigenen Bild“. Danach darf jede/r selbst darüber bestimmen, ob und in welcher Form über sie/ihn in der Öffentlichkeit berichtet, dies betrifft vor allem die Abbildung auf Bildern. Allerdings wird dies eingeschränkt durch die Erkennbarkeit: Die Abbildung eines einzigen Körperteils, der Hose oder Frisur mag nämlich vielleicht dazu führen, dass die abgebildete Person sich selbst erkennt; für Unbekannte ist daraus ein Schluss auf die Identität jedoch selten bis gar nicht möglich.
In der Praxis hat sich deshalb bewährt, die Erkennbarkeit anhand des Blickwinkels einer Person zu beurteilen, mit der die abgebildete Person einen oberflächlichen, aber doch regelmäßigen Kontakt pflegt, z.B. einer Arbeitskollegin. Besonders prägende Partien wie etwa das Gesicht, Tattoos etc. fließen dabei in die Beurteilung mit ein. Ist die Person nach diesen Kriterien nicht erkennbar, hat sie auch kein Recht, die Veröffentlichung des Bildes zu verbieten. Ist sie erkennbar, braucht man hingegen ihre Einwilligung.
Diese Einwilligung kann entweder ausdrücklich oder aber auch stillschweigend erfolgen. Bei einem Fernsehinterview ist beispielsweise anzunehmen, dass sie alleine aufgrund der Durchführung des Interviews mit der geplanten Ausstrahlung logischerweise einverstanden ist. Ähnlich bei professionellen Models: Erhält ein Unterwäschemodel Geld für das Shooting, geht man davon aus, dass es auch grundsätzlich mit der Veröffentlichung der Bilder einverstanden ist.
Ist die Person allerdings erkennbar und hat keine Modelgage erhalten bzw. wurde gegebenenfalls sogar unfreiwillig oder gar unbemerkt zum Model gemacht (hier passt das überspitzte Beispiel von oben), dann bleibt es beim Grundsatz, dass eine Veröffentlichung der Bilder nur mit Einwilligung erfolgen darf. Diese Einwilligung ist in der Regel bindend und kann auch nur bei Vorliegen sehr gewichtiger Gründe widerrufen werden. Sie muss allerdings nicht schriftlich vorliegen, sollte zur besseren Beweisbarkeit aber mindestens in Textform eingeholt werden. Eine einfache E-Mail reicht bereits aus.
Die wohl bedeutsamste Ausnahme des § 23 KUG greift bei sog. „Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ und gestattet die Nutzung von Personenfotos ohne Einwilligung der abgebildeten Person, wenn der Kontext der Veröffentlichung sich auf das Ereignis bezieht, bei dem die Aufnahme entstanden sind. Die Gerichte wägen hier stets im Einzelfall die beiderseitigen Interessen ab, sodass eine pauschale Aussage schwerfällt.
“Lizenzfreie” Bilder
Immer wieder begegnet uns im Netz die Versuchung sogenannter “lizenzfreier” Bilder. Auch wenn das auf den ersten Blick eine gute Sache zu sein scheint, ist aus anwaltlicher Praxis von der Verwendung solcher Inhalte abzuraten.
Den Begriff “lizenzfrei” kennt das Deutsche Urheberrecht nicht, sodass es sich bei den meisten lizenzfreien Bildern um durchaus lizenzpflichtiges Material handelt, welches dem User kostenfrei angeboten wird. Der Haken ist, dass sich hier oft die Schwierigkeit im Kleingedruckten wiederfindet, sodass rechtliche Auseinandersetzungen nach der Verwendung von vermeintlichm lizenzfreiem Material an der Tagesordnung sind.
So sind beispielsweise bei den durchaus beliebtn Creative Commons Lizenzen umfangreiche Nennungs- und Verlinkungspflichten einzuhalten, was in der Praxis häufig nicht korrekt umgesetzt wird. Die Konsequenz ist, dass aus einem kostenfreien Bild schnell eine sehr kostspielige Angelegenheit wird, da der Nutzer sich urheberrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt sieht.
Nach deutscher Rechtslage läuft das Urheberrecht bei Lichtbildwerken 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers/der Urheberin ab. Das bedeutet, dass das jeweilige Bild zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechte auch mal gut 100 Jahre alt sein kann. In der Praxis dürften daher derartige Bilder auch keine tragende Rolle spielen.
Marken- und Designrecht
Neben den persönlichen gibt es noch weitere Rechte, welche durch Abbildungen auf Fotos berührt werden können. So schützt das Markenrecht insbesondere Wörter und Abbildungen, welche Schutz durch die Eintragung im Markenregister genießen und werden insbesondere dann relevant, wenn etwa Unternehmens- oder Produktbezeichnungen oder auch Logos abgebildet werden.
Das Designrecht hingegen schützt „zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsformen eines Erzeugnisses“. Betroffen sind hier also vordergründig Gegenstände, wobei der Designschutz im Gegensatz zum Markenrecht eben nicht auf den Namen des Produktes oder des Herstellers abstellt, sondern sich auf die wirkliche Formgebung bezieht.
Beim Marken- und Designschutz entstehen die Rechte übrigens nicht von selbst (wie etwa beim Urheber- oder Persönlichkeitsrecht), sondern erst durch die Registrierung in einem Register, z.B. beim Deutschen Patent- und Markenamt. Eine Eintragung erkennt man an dem entsprechenden Zusatz wie © oder ®.
Hausrecht und Panoramafreiheit
Last but not least etwas, das oft vergessen wird: das Hausrecht. Das liegt wohl daran, dass es bei diesem Drittrecht nicht um das geht, was auf dem Bild zu erkennen ist, sondern darum, wo die Aufnahme entstanden ist. Ursprung hat das Hausrecht in der Eigentumsfreiheit, nämlich dass man selbst bestimmen darf, wer das eigene Grundstück betritt und was er/sie dort macht. Wer Fotografieren nicht duldet, darf dies ohne weitere Begründung verbieten.
Eingeschränkt wird dies aber von der sogenannten Panoramafreiheit, die es erlaubt, urheberrechtlich geschützte Bauwerke oder andere Sachen von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen bildlich festzuhalten. Allerdings darf das Hausrecht nicht mit Hilfsmitteln wie Leitern oder Drohnen ausgehebelt werden. Wer sich also eine Leiter auf den Gehweg stellt und dann in den mit hohen Hecken umzäunten Garten der Nachbarin fotografiert, überschreitet hier (nicht nur eine moralische) Grenze.
Auch gilt zu beachte: Es ist nicht Aufgabe des Hausrechtsinhaber, auf dieses gesondert hinzuweisen. Vielmehr sollte die Fotografin sich selbst vergewissern, ob sie nun auf privatem oder öffentlichem Grund steht und ob sie Fotos machen darf oder nicht. In einem Museum mag das nicht sonderlich schwer fallen, da hier meist vielzählige Aushänge mit entsprechenden Hinweisen zu finden sind. Anders sieht die Sache aber bei steuerfinanzierten Parkanlagen oder Seepromenaden aus, die jederzeit öffentlich und kostenlos zugänglich sind. Hier gilt als Faustregel: Wenn die Betreiberin die Möglichkeit hat, mich vom Betreten auszuschließen, kann dies das Erfordernis einer Erlaubnis zum Fotografieren begründen und sollte lieber eingeholt werden.
Fazit: Wer verwenden will, muss freundlich sein
…oder zumindest umsichtig sein und gut verhandeln können. Denn alle Rechte bis auf das Urheberrecht können abgetreten werden – sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang. Und dies sollte auch getan werden, gerade bei einer gewerblichen Nutzung. Denn es mag schon sein, dass es einige Leute gibt, die bei unberechtigten Verwendungen ihrer Bilder ein Auge zudrücken. Die Mehrheit tut dies aber sicher nicht. Doch keine Panik! Wer sensibilisiert und nicht völlig unbedacht an die Sache herangeht, entwickelt recht schnell ein Gefühl dafür, welche Bilder man guten Gewissens verwenden kann und von welchen Aufnahmen man lieber die Finger lassen sollte. Denn genauso wie das Gesetz klare Verbotsrechte deklariert, genauso viele Ausnahmen und damit Möglichkeiten der Verwendungen eröffnet es einem auch.