Überraschung: Facebook verkauft eure Daten nicht an die Werbeindustrie

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Gastbeitrag von Falk Ebert – Anmerkung: Dieser Beitrag ist in ähnlicher Form schon im gefahrgutblog.de erschienen.

Der aktuelle Skandal um Geheimdienstprogramme schockiert. Doch während die Enthüllungen die schlimmsten Befürchtungen von Verschwörungstheoretikern wahr werden lassen, können wir heute zumindest ein anderes Thema klären, das immer kontroverser diskutiert wird: Die Vorstellung, Facebook würde Geld damit verdienen, Daten von angemeldeten Nutzern zu verkaufen.

Um zu verstehen, was wirklich vor sich geht, muss man verstehen, wie das Geschäftsmodell von Facebook funktioniert. Und warum „verkaufen“ und „kommerziell nutzen“ nicht dasselbe ist.

Doch fangen wir mit ein paar grundlegenden Fragen an:

Verkauft Facebook meine Daten an irgendjemanden?

Nein.

Warum nicht?

Facebook wäre dumm, Daten zu verkaufen. Zum einen, weil das ein Skandal wäre. So mächtig Facebook auch ist – sie haben keine garantierte Monopolstellung. Das wissen sie.

Zum anderen, weil die Daten das Wertvollste sind, was sie besitzen. Würden sie die Daten verkaufen, könnten große Werbenetzwerke sie selbst zum Marketing nutzen und müssten ihre Werbung nicht mehr auf Facebook schalten. Behält Facebook die Daten, können sie etwas viel Wertvolleres verkaufen.

Was verkauft Facebook also und warum?

Facebook benötigt Geld für seine rund 5000 Mitarbeiter. Und für seine Shareholder, wie das bei aktiennotierten Unternehmen der Fall ist. Deshalb verkaufen sie die Aufmerksamkeit der User. Durch Werbefläche auf Facebook.

Also nicht so:

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Sondern so:

sell-data02Werbetreibende schalten Anzeigen, die Facebook genau den Leuten zeigt, zu denen sie am besten passen. Die Daten der User verlassen die Plattform dabei nicht. Auch beim 2012 gestarteten Programm Facebook Exchange ist das nicht anders – Unternehmen können lediglich Daten hinzufügen, die sie aus anderen Quellen besitzen.

Das Geschäftsmodell der sogenannten Multi-Sided-Platform ist in der digitalen Welt nichts Ungewöhnliches. Auch Google funktioniert im Grunde nach demselben Prinzip: Kostenloser Service – werbefinanziert, mit gutem Targeting, dank vieler Daten.

Und was weiß der Werbetreibende dabei über den User?

Im Prinzip gar nichts. Beim Einbuchen von Werbeanzeigen wird nur eine geschätzte Zielgruppengröße ausgegeben:

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Dank der Dinge, die Facebook aber weiß, kann Werbung sehr speziell ausgesteuert werden. So könnte z. B. ein Szene-Magazin nur Leute erreichen, die eine bestimmte Musikrichtung hören. Oder ein Möbelhaus genau die User, die gerade umgezogen sind.

Das wirkt verstörend, hat aber auch Vorteile für den Nutzer. Die Relevanz der Anzeigen wird dadurch höher. Und das Netzwerk muss generell weniger störende Werbefläche einbinden, um sich selbst zu finanzieren.

Während eine Werbekampagne läuft, sieht der Werbetreibende Daten von folgender Qualität:

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Also ungefähr so etwas: “Gestern hat jemand weibliches aus Niedersachsen, im Alter von 18 – 25 Jahren, auf deine Anzeige XY gedrückt und deine Seite daraufhin nicht geliked.” Zensiert sind hier nur die Namen der eingebuchten Anzeigen.

Und wenn ich Fan einer Marke werde?

Auch Besitzer von Fanseiten sehen keine privaten Daten einzelner Personen. Lediglich aggregierte demografische Daten, z. B. Alter und Wohnort der Fans sind abrufbar. Direkt kontaktieren darf eine Fanseite ihre Fans ohnehin nicht.

(Alle Details die Administratoren von Fanseiten sehen können findet ihr hier) 

Aber warum behaupten dann alle, Facebook verkauft Daten?

Erstens, weil das Thema in den Medien verdammt gut funktioniert. Besonders in den Holzmedien.

Zweitens, weil zwei Dinge gerne durcheinander geworfen werden: Sichtbarkeitseinstellungen von User-Content auf der einen Seite, Monetarisierung auf der anderen Seite. Facebook ist tatsächlich ein Netzwerk, das seine Nutzer zu lockeren Privatsphäre-Einstellungen ermutigt. Mit Werbe-Targeting hat das aber nichts zu tun. Denn das funktioniert unabhängig davon, ob die Daten sichtbar sind.

Drittens, weil alles, was auf Facebook passiert, direkt mit Facebook in Verbindung gebracht wird. Zum Beispiel Facebook-Apps, die tatsächlich Daten auf illegale Art sammeln, um sie später weiterzuverkaufen. Die als Geburtstagskalender und Konsorten getarnten Apps können problemlos persönliche Daten an die Entwickler weitergeben. Aber nur, wenn der User das explizit gestattet. Was leider oft zu leichtfertig passiert.

Also sind Daten bei Facebook sicher oder nicht?

Zumindest kann nicht jeder Werbe-Heini, der euch einen Joghurt verkaufen möchte, sie erwerben. Facebook kann man viel vorwerfen, das aber nicht.

Ganz abgesehen von den aktuellen Geheimdienst-Enthüllungen bekommen auch deutsche Behörden User-Daten auf Anfrage, wie aktuell von Facebook publizierte Zahlen zeigen.

Sicher sind die Daten trotzdem nur bedingt. Neben den aktuellen Geheimdienst-Enthüllungen und den angesprochenen Facebook-Apps können Daten auch durch ein liegengelassenes iPhone oder einen gehackten Account ganz schnell in die falschen Hände geraten. Und was in eurem Profil öffentlich ist, ist genau das. Und somit nicht nur für die Graph-Search zugänglich, sondern auch für das Sponsored Stories genannte Werbeformat von Facebook: “Deinem Freund gefällt diese peinliche Seite, gefällt sie dir nicht auch?”

tl;dr?

Facebook verkauft eure Daten nicht. Sie verkaufen eure Aufmerksamkeit. Das ist jedoch kein Grund zur Entwarnung. Unabhängig davon, wie Facebooks Geschäftsmodell aussieht, gilt weiterhin: Nachdenken vor dem Posten, Einstellungen zur Privatsphäre checken, Reflektieren. Aber das bekommen wir Facebook-User hin.

Über den Autor:

falkFalk Ebert entwickelt als Digital Strategy Consultant bei Scholz & Friends Strategien für große Unternehmen, die ihr digitales Marketing stärken möchten. Privat bloggt er für Gefahrgut, twittert als @falkebert und ist auch auf zahlreichen anderen Plattformen unterwegs.

Teaserbild: Hot Sale auf Shutterstock 

 

Falk Ebert
Falk Eberthttps://falkebert.de
Falk Ebert ist selbstständiger Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Marketinginnovation. Nach der Gründung von Startups baute er in drei Agenturen Beratungsteams auf. 2022 wurde er Freelancer. Als leidenschaftlicher Gamer hilft er Marken und Unternehmen, die Möglichkeiten von Gaming und Gamification im professionellen Kontext zu verstehen und zu nutzen.

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