Gastbeitrag von Steven Urry
Es ist nicht immer alles schlecht! Unser Gastautor Steven Urry zeigt in diesem Artikel seine Learnings aus vielen Jahren Community Management. Nach den fünf größten Fails im Community Management gibts jetzt die volle Ladung Optimismus.
Ungefiltertes Feedback ist manchmal hart und lässt bei uns Social Manager*innen auch die ein oder andere Träne fließen. Doch wir bekommen auch DAS direkte Feedback von Kund*innen und Interessent*innen, welches wir nicht nur für die Optimierung der Social-Media-Strategie verwenden können, sondern auch für die nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens als solches.
Ein eigenes Community Management Team ist nicht nur sinnvoll, es ist notwendig!
Learning 1) Ein eigenes Community Management Team
Man mag es kaum glauben, aber ja! In der heutigen Zeit ist es unabdingbar, das Community Management (CM) in einem eigenen Team zu bündeln. Wenn man sich in der Unternehmenslandschaft oder Agenturlandschaft – völlig egal wie man es dreht und wendet – umschaut, stellt man oft fest, dass das CM entweder gar keine Beachtung findet oder aber von einigen Kollegen im Kundenservice „nebenbei“ übernommen wird.
Mal so nebenbei machen…
Weit verbreitet ist auch noch die Vorgehensweise, dass der/die SocialMediaManager*in „ein Auge drauf haben“ soll. Gerade Letzteres zeigt immer noch, dass der Glaube an die eierlegende Wollmilchsau aka Socia-Media-Manager*in Usus in der deutschen Marketinglandschaft ist. Aber wie dem auch sei – sämtliche Vorgehensweisen sind eher als kontraproduktiv zu betrachten.
Community Management ist mittlerweile eine komplexe und vielfältige Tätigkeit, die volle Aufmerksamkeit verdient. Auch wenn viele Planer*innen und Entscheider*innen im ersten Moment ob des großen personellen und finanziellen Aufwands eines eigenen Teams erschrecken, ist der Revenue nicht zu unterschätzen (wenn auch weiterhin schwer bis gar nicht messbar).
Weit mehr als nur Kommentare beantworten
Aus diesem Grund ist es oftmals sinnvoll, dass Community Management an professionelle Agenturen auszulagern. Schließlich ist gutes CM weit mehr als Kommentare zu beantworten. Ein vollständiges Set Up ist erforderlich. Welche Servicezeiten stellen wir unserer Community zu Verfügung? Wer hat einen Blick auf die Seiten außerhalb dieser (Stichwort Monitoring)? Wer verfasst die Netiquette und wer sorgt dafür, dass diese eingehalten wird? Welche Schnittstellen in welche Fachabteilungen benötige ich?
Fragen über Fragen, die die Notwendigkeit eines eigenen Teams untermauern.
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Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch!
Learning 2) Eine Strategie für das Community Management hilft enorm weiter
Natürlich kann man auch weiterhin auf dem vermeintlich einfachen Weg bleiben und einfach nur Fragen auf Social Media beantworten. Man kann aber auch ganzheitlich an die Sache herangehen und einen klaren strategischen Rahmen schaffen: Welche Zielsetzung verfolge ich mit dem Community Management? Servicedialog/Customer Service 2.0 oder doch Community Engagement und absolute Dialogorientierung? Welche Tonalität möchte ich mit meinen Community Manager*innen an den Tag legen? Eher formell, weil passend zur Marke oder richte ich mich nach der jeweiligen Plattform und löse mich vom eigentlichen „Tone of Voice“ meiner Marke (was ich tatsächlich eher empfehle)?
Ganzheitliche Sichtweise eröffnet Perspektiven
Auch das Fundament für den strategischen Rahmen kann ich schaffen: Wer ist Teil meiner Community? Hier ist es sinnvoll, eigene Zielgruppen und – stellvertretend für diese – Personas zu schaffen. Will ich innerhalb meiner Strategie auch Guidelines und SLAs erstellen? Ja, mindestens. Schließlich wartet auf Social Media niemand gerne lang und Schnelligkeit ist von enormer Bedeutung.
Schnelligkeit hat eine hohe Bedeutung
Ich weiß, dass der Grundgedanke einer Community-Management-Strategie unangenehm sein kann, weil vieles in diesem Segment schwer bis gar nicht messbar ist. Aber Kommentare, Dialoge und Moderation sind die letzte, absolute Funnel-Stufe und die höchste Wertschätzung des Contents seitens der Nutzer*innen. Hier zielgerichtet und mit einem klaren Plan vorzugehen, bringt jeder Marke am Ende des Tages den größten Mehrwert
Menschen schreiben mit Menschen! Nicht mit Robotern!
Learning 3) Individualität vor generischer Kommunikation
Hat man sich nun entschieden, das grundlegende Fundament für professionelles Community Management zu bauen, kommt die nächste wichtige Entscheidung: Wie interagiere ich eigentlich am besten mit den Menschen da draußen?
Und hier sollte grundlegend beachtet werden, was viele Marken immer noch vergessen: Derjenige, der mir gegenübersitzt, ist ein Mensch. Er möchte auch entsprechend behandelt werden. Es ist fatal, wenn sich User*innen mit einem ernsthaften Anliegen auf Social Media melden und als Antwort ein generischer Textbaustein erfolgt.
Dem Wort „Social“ Bedeutung schenken
Aus meiner Sicht haben viele Marken hier leider die ursprüngliche Bedeutung von Social Media aus den Augen verloren und vergessen, wofür das Wort „Social“ eigentlich steht. Individueller Dialog mit den User*innen ist eine Form von Wertschöpfung, die jeder Marke was geben kann. Vor allem aber in Krisenzeiten gibt Individualität den User*innen eine besondere Form der Wertschätzung. Zu zeigen, dass man in einem Shitstorm nicht mit dem einzig gültigen Statement aus der Presseabteilung antwortet, sondern detailliert auf die Fragen und Inhalte eingeht, gibt dir die Möglichkeit, nach einer Krise positiv in Erinnerung zu bleiben.
Brand Lover können dir eine Menge Arbeit abnehmen. Wenn du sie nutzt!
Learning 4) Power User erkennen und in die Kommunikation einbinden
Eine weiterer, äußerst interessanter Punkt ist das Thema „Power User“. Jede Marke hat sie. Die wenigsten kennen sie. Fast niemand nutzt sie. Es ist keine große Kunst, diese Nutzer*innen innerhalb des Community Managements zu identifizieren. Im Gegenteil: Häufig lassen sie sich nach kurzer „Recherchearbeit“ ausfindig machen. Und das ist der springende Punkt.
Einmal identifiziert und ihr Verhalten honoriert, können sie einer Marke zu einem enormen Engagement Push verhelfen. Sie treiben den Dialog voran, sind Fürsprecher aber auch sachliche Kritiker. Und diese Kritik ist häufig berechtigt, weil sie mit Leben gefüllt ist. Weil ein Power User unzufrieden mit deinem Verhalten ist und dich darauf aufmerksam machen will.
Tipp: Power User*innen integrieren
Strategische Kunst ist es am Ende nun, sie nicht nur zu honorieren, sondern auch zu integrieren. Markiert sie bei kritischen Diskussionen oder bindet sie in Facebook-Gruppen als Moderator*innen ein. Schnell wird man feststellen, dass der Impact im Community Management riesig ist und diese Engagement-Treiber wichtig für die Marke sind.
Sheesh! Ihr seid papatastisch, aber irgendwie trotzdem cringe! „Bre, macht nicht so“
Learning 5) Schlagfertigkeit und am Puls der Zeit agieren!
Last but not least habe ich ein weiteres Learning, welches nie und nimmer unterschätzt werden darf, von vielen aber leider als absolutes „No Go“ empfunden wird (ja, das musste ich leider schon häufig erleben).
Und zwar: schlagfertiges Handeln und am Puls der Zeit sein – zwei absolute Must Have-Kompetenzen für Community Manager*innen. Um diese Kompetenzen an den Tag legen zu können, muss jedoch – wie bereits erwähnt – die Tonalität in jedem Fall auf die entsprechende Plattform angepasst werden.
Ein „Sehr geehrter Herr“ passt so gut zu TikTok wie Nutella zur Bockwurst
Ein „Sehr geehrter Herr“ passt so gut zu TikTok wie Nutella zur Bockwurst. Kommentare wie „Ihr seid cringe“ oder „Breee, ihr seid papatastisch“ können nur mit entsprechender Schlagfertigkeit beantwortet werden, wenn man Trends frühzeitig erkannt hat und weiß, worüber das Social Web aktuell spricht. Aber auch diese Kompetenz lässt sich am besten in die Tat umsetzen, wenn ein eigenes, in sich geschlossenes Team vorhanden ist, welches das notwendige Vertrauen für einen freien, aber verantwortungsvollen Rahmen hat.
Stabsstelle „Community Management“
Ich kann und möchte es immer wieder betonen, dass das Community Management mit einem ausgefeilten Organisationsmodell zum relevanten Teil der gesamten Unternehmensstrategie werden kann. Wo ein solches Organisationsmodell im Idealfall verortet wird? Nirgendwo.
Es sollte eine Stabsstelle sein, die allen Bereichen zuspielt und allen Bereichen zur Verfügung steht. Sei es für Community Reportings, um Insights zu erhalten, oder aber um das Social Web monitoren zu lassen, um ein Stimmungsbild zu vorab definierten Themen zu erhalten. Und ja, ich bin der Meinung, dass das Social Listening ebenfalls integrativer Teil des Community Managements sein sollte. Wenn nicht sogar muss.
Wie setzt ihr es um? Habt ihr euch Gedanken dazu gemacht oder integriert ihr Community Management „irgendwie“ ins Tagesgeschäft?
* Hinweis: Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag. Es besteht keine bezahlte Kooperation.
Tolle Auswahl, vielen Dank. Ich muss eines Ihrer Beispiele in die Praxis umsetzen
Danke! :-)