„Dem Messenger gehört die Zukunft!“ – So lautet nicht nur die aktuelle Aussage vieler Social Media-Berater, sondern auch von Mark Zuckerberg selbst. Wenig verwunderlich, nachdem Facebook WhatsApp für knapp 19 Milliarden Dollar gekauft hat.
Basierend auf diesem Versprechen und der Hoffnung, einen neuen Marketing-Kanal gefunden zu haben, sind in den letzten Monaten auch in Deutschland einige Ideen und Geschäftsmodell entwickelt worden, um die „Mobile Messenger“-Zielgruppe zu erreichen. Vier Parteien müssen wir hier unterscheiden:
- WhatsApp – Der Kommunikationskanal, welcher es den verschiedenen Parteien erlaubt, miteinander zu kommunizieren
- Nutzer – Die über WhatsApp kommunizieren
- Publisher – Die ihre Nachrichten in die Hosentasche des Nutzers bringen möchten
- Dienstanbieter – Welche als Schnittstelle zwischen Publisher und WhatsApp auftreten
Prinzipiell würde das Modell auch mit den ersten drei Parteien funktionieren, jedoch hat WhatsApp einige Hürden eingebaut, um den Massenversand von Nachrichten und somit möglichen Spam zu unterdrücken. Da die stetige Weiterentwicklung der Software zum WhatsApp-Massenversand für den Publisher nicht attraktiv ist, haben sich einige Diensteanbieter am Markt etabliert. Diese bieten über Schnittstellen und Anwendungen dem Publisher die Möglichkeit, seine Nachrichten an alle Abonnenten des Dienstes zu versenden.
Die Kommunikation über WhatsApp ist generell kostenlos. WhatsApp beschränkt die Nutzung des Dienstes aber per AGB auf den nicht kommerziellen Einsatz.
Soweit so gut, wären da nicht die WhatsApp-Spamfilter, die regelmäßig zuschlagen und den Versand über eben diese Diensteanbieter torpedieren. Konkret werden hier die Rufnummern gesperrt, über die der Service seine Nachrichten absetzt. Das nagt dann wiederum an der Zuverlässigkeit des Diensteanbieteres gegenüber dem Publisher. Der Diensteanbieter kämpft dabei ein wenig gegen Windmühlen, ähnlich einem E-Mail-Serviceanbieter, der versucht, die eigenen Newsletter an den diversen Spamfiltern von Google und Co vorbei zu optimieren.
Einer der größten Dienstanbieter (zu den Kunden gehören Süddeutsche, DFB, RTL, Der Postillion …) hat nun in der vergangenen Woche erst einmal kapituliert. In einem Schreiben an die Kunden, welches uns vorliegt, heißt es:
[…] in den letzten zwei Wochen hatten die Anbieter von WhatsApp-Services mit ständigen technischen Problemen bei der Anbindung zu WhatsApp zu kämpfen. Letztlich steckt dahinter aber ein Business-Problem, nämlich die fehlende Unterstützung von WhatsApp für dieses Modell.
Der Knackpunkt ist dabei die Definition von „commercial use“ in WhatsApp’s AGBs, die nicht eindeutig ist. Es ist offensichtlich, dass z. B. bezahlte Transaktionen wie Einkäufe darunter fallen. Die kostenlose Bereitstellung von Information, und das ist die Kernleistung der WhatsApp-Services, liegt im Graubereich.
[…] Bis zur Klärung der Situation müssen wir unseren Service leider pausieren, da jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um einen klare Situation mit WhatsApp herzustellen.
Damit dürften einige tausend WhatsApp Abos derzeit nicht mehr beliefert werden. Publishern, die selbst in Vorleistung getreten sind und ihre Dienste mit Mediabudget beworben haben, fehlt nun die Möglichkeit, mit den Abonnenten zu kommunizieren. Für den Nutzer sieht es aus, als wäre der Publisher unzuverlässig.
Den Knackpunkt beschreibt dieser Dienstleister ganz klar. Es ist ein Business-Problem, da WhatsApp diese Art der Nutzung nicht vorsieht. Dabei ist es unerheblich, ob die Bereitstellung von Informationen [der Publisher] als nicht-kommerziell angesehen wird. Entscheidend ist, dass der Anbieter selbst durch die pure Existenz eines gebührenpflichtigen WhatsApp-Zugangs gegen die AGB verstößt.
Zudem wird hier ein Geschäftsmodell verfolgt, bei dem der Diensteanbieter auf dem Rücken eines kostenlosen Dienstes Umsätze generiert. Dem Dienst selbst gehen diese Umsätze entsprechend verloren. Ähnliche Modelle und Problemstellungen sehen wir derzeit auch bei Instagram.
Auch wenn andere Diensteanbieter im Moment noch Nachrichten an die WhatsApp-Nutzer ausliefern, werden auch diese mit den immer schärferen WhatsApp-Spamfiltern ihre Probleme bekommen. Unser Kollege Johannes Lenz hat sich die Wettbewerber mal angeschaut.
Aber warum sperrt sich WhatsApp so gegen diese Dienste? Warum dürfen Verlage ihre wichtigen Meldungen nicht über den Dienst zum Nutzer bringen? Die Antwort ist relativ einfach, wenn man sich das Facebook-Portfolio anschaut, denn dort gibt es neben WhatsApp noch den Facebook Messenger. Und für genau diesen hat Facebook im Frühjahr mit „Business on Messenger“ eine Lösung vorgestellt, die genau diese Szenarien abdecken kann. Zudem stehen Publishern über die Facebook-Plattform viele Wege zur Verfügung, kostenfrei – aber auch gegen Medialeistung – Reichweite für die eigenen Meldungen zu generieren.
Für die nächsten Monate erwarten wir eine Revision der aktuellen Situation. Möglicherweise werden die Diensteanbieter ganz von der Bildfläche verschwinden. Vielleicht finden die Publisher auch neue Wege, ihre Nachricht an den WhatsApp-Nutzer zu bringen. Oder Facebook macht eine plötzliche Wende und öffnet unter starken Auflagen WhatsApp als Kanal für kommerzielle Anbieter.
Ob dem WhatsApp Messenger wirklich die Zukunft gehört, wird sich dann zeigen. Jeder, der aktuell in den Kanal investiert, tut dies mit unsicherem Ausgang, hat aber natürlich einen großen First Mover-Vorteil. Wenn es erstmal ein passendes Modell von WhatsApp gibt, werden auf einen Schlag extrem viele darauf aufspringen und die Konkurrenz deutlich größer.
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Ich finde es beachtlich, dass so viele Unternehmen ohne Scheu auf das Pferd „WhatsApp“ gesetzt haben. Es war absehbar dass das nun passiert. Ich betreibe einen Dienst für mobile Apps und wir haben darin bewusst ein Chat-System als Alternative zu WhatsApp integriert. Viele Unternehmen haben sich dennoch für die vermeintlich bessere Variante WhatsApp entschieden. Auf US-Servern in Zeiten von Safe Harbour, Datenklau und Hacks. Und alle generierten Leads sind hinüber.
Ich finde, Messenger Marketing ist ein Bestandteil der zukünftigen Kundenkommunikation, aber dann doch bitte nachhaltig und gemäß Datenschutzbestimmungen.
Selbst wenn WhatsApp den Kanal kommerziell macht ist es nur solange ein guter Kanal, wie die Halbwertzeit des Sozialen Netzwerkes dahinter: Wenn all meine Freunde nun nur noch per Snapchat chatten weil WhatsApp eine Werbe-Landschaft wird, ist der Kanal tot. Dann doch lieber extrahieren und selbst aufsetzen.
Das war doch abzusehen, oder? Masse ist eben nicht auch automatisch auch Klasse. Das Thema Messaging ist noch ganz am Anfang und sollte aus meiner Sicht nachhaltig eingesetzt und geplant werden. Das EuGH-Urteil zum Safe Harbor Abkommen hat dies auch nochmal verdeutlicht. Es braucht sowohl funktional als auch rechtlich eine saubere Grundlage, die die Chancen nutzbar macht und Risiken minimiert. Es gibt bereits auch Alternativen im Markt, die sich auf das Thema B2C-Messaging spezialisiert haben und die angesprochenen Schnittstellen, etc. anbieten. Ein aktuelles Beispiel vom Einsatz von Messengern durch Unternehmen am Beispiel „Recruiting“ ist Sky Deutschland auf smoope – hierzu wurde erst heute ein Interview mit Erfahrungsbericht veröffentlicht: https://smoope.com/de/smoope-im-gespraech-mit-daria-gierdosch-sky-deutschland/ – vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen.
Hallo,
danke für den informativen Artikel. Ich habe extra zum Thema „WhatsApp-Marketing“ ein kostenloses Webinar erstellt. Interessierte können unter folgendem Link teilnehmen: http://www.whatsmarketingsuccess.com
Gute Zusammenfassung. Auch die Telekom nutzt neuerdings WhatsApp: *linkentfernt*
Anmerkung der Redaktion: Das war jetzt schon der zweite Backlinkversuch ohne Mehrwert. Bitte unterlasse dies in Zukunft.