Heute Nacht hat Facebook angekündigt, den Kurznachrichten-Dienst WhatsApp zu kaufen. Damit geht Facebook den entscheidenden und vielleicht letzten Schritt zu „Mobile First“. Gleichzeitig wird einer der letzten Konkurrenten im Kampf um die Aufmerksamkeit am Smartphone ausgeschaltet. Der Kaufpreis liegt bei sagenhaften 19 Milliarden US Dollar.
Facebook today announced that it has reached a definitive agreement to acquire WhatsApp, a rapidly growing cross-platform mobile messaging company, for a total of approximately $16 billion, including $4 billion in cash and approximately $12 billion worth of Facebook shares. The agreement also provides for an additional $3 billion in restricted stock units to be granted to WhatsApp’s founders and employees that will vest over four years subsequent to closing.
Und was sagt die Presse dazu? Wir haben uns einmal für euch umgeschaut:
Der Tagesspiegel sieht nicht nur den Kauf der Plattform, sondern auch der Nutzerdaten:
Facebook kauft mit WhatsApp nicht einfach nur einen populären Kurznachrichten-Dienst. Das weltgrößte Online-Netzwerk holt sich damit auf einen Schlag 450 Millionen Nutzer samt Zugang zu ihren Daten und Adressbüchern. Dabei präsentierte sich die Firma aus Kalifornien stets als Ausnahme im Internet-Geschäft. WhatsApp schalte keine Werbung und müsse deshalb auch keine Nutzerdaten auswerten, betonte Mitgründer Jan Koum gebetsmühlenartig.
Bei der Zeit sieht man den Kauf als Reaktion auf die angebliche Abwanderung junger Nutzer zu anderen Anbietern:
Mit dem Zukauf reagiert Zuckerberg auch auf immer wiederkehrende Medienberichte, dass Teenager von Facebook zu alternativen Diensten wie etwa WhatsApp wechselten. Diese Sorge hatte zwischenzeitlich zu deutlichen Kursverlusten geführt. Auf die Frage eines Analysten, ob die Nutzer bei WhatsApp denn jünger seien, konnte Facebook-Finanzchef David Ebersmann aber keine Auskunft geben: „Der Dienst fragt nicht nach dem Alter, wenn man sich anmeldet.“
Was der Kaufpreis für die Internetbranche bedeutet, überlegt man bei Spiegel Online:
Die Folgen sind klar: Die Preise für Internet- und Technologieunternehmen werden weiter explodieren. Selbst kleinste Start-up-Klitschen werden nun dreistellige Millionenbeträge aufrufen können. Vor wenigen Monaten hatte Snapchat, ebenfalls eine beliebte Messenger-Anwendung, ein Angebot von Facebook für drei Milliarden Dollar abgelehnt. Damals galt das als arrogant, heute als klug.
Wie unterschiedlich die Geschäftsmodelle und Unternehmensphilosophien sind, hat die Welt bemerkt:
Seit Jahren steht Reichweite an erster Stelle, was bei Internet-Unternehmen nicht ungewöhnlich ist. Doch WhatsApp hat auch Einkünfte. Zwar ist der Dienst im ersten Jahr kostenlos, anschließend zahlen Nutzer jedoch knapp einen Dollar pro Jahr.
Ob WhatsApp dieses Geschäftsmodell auch unter Facebook so fortführt, ist fraglich. Facebook finanziert sich über Werbeeinnahmen. Die WhatsApp-Gründer hingegen haben für Werbung nichts übrig und sich auch immer der Möglichkeit verschlossen, Nutzerdaten zu verkaufen. In ihrem Blog zitieren sie Tyler Durden, den Protagonisten aus dem Film „Fight Club“: „Werbung bringt uns dazu, Autos und Klamotten nachzujagen, in Jobs zu arbeiten, die wir hassen, damit wir Mist kaufen können, den wir nicht brauchen.“
Ausgesorgt haben die WhatsApp Gründer laut FAZ auch dann, wenn der Deal am Ende doch platzt:
Auffällig hoch ist die Gebühr, die für den Fall ausgehandelt wurde, dass die Transaktion platzt, etwa wenn die Kartellbehörden ihre Zustimmung verweigerten. Dann würden zwei Milliarden Dollar fällig, davon jeweils die Hälfte in bar und in Aktien.
Die Süddeutsche sieht hier zwei entscheidende Bereiche des Lebens zusammenwachsen:
Das Programm ist viel mehr als der SMS-Ersatz, für den es immer gehalten wird. WhatsApp schlug dort zu, wo Facebook besonders angreifbar war. In Facebooks Zentrum stand nie die private Kommunikation. Es war immer ein Schaulaufen um Aufmerksamkeit. Auf der Startseite, im Nachrichtenstrom, zeigen sich Menschen von ihrer besten Seite. Sie konkurrieren dort mit ihrem sozialen Umfeld um Aufmerksamkeit. Aber auch mit Promis, Modemarken, Nachrichten und Werbeanzeigen.
Doch die meisten Menschen leben keinen Jetset. Sie gehen jeden Tag zur Arbeit, essen Käsebrot und fahren mit 80 Kilometern in der Stunde auf der Landstraße. Nichts von dem ist so spektakulär, dass man es beständig nach draußen posaunen möchte. Aber man möchte es mit seinem Partner besprechen, seinen Geschwistern, Kollegen oder dem Kegelverein. WhatsApp bietet einem die Möglichkeit dazu.
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