Die negativen Berichte über die Reichweitenkürzung im Newsfeed reißen nicht ab. Ein Bericht der New York Times von Nick Bilton brachte Facebook sogar so weit eine offizielle Stellung zu veröffentlichen (siehe unten). In der Stellungnahme geht Facebook auf die Hintergründe des Algorithmus für den Newsfeed ein („Edgerank“).
Die Kernfrage der Diskussion ist dabei:
Verringert Facebook die Reichweite von normalen Posts um die Nutzer zu den kostenpflichtigen Promoted Posts zu treiben?
In Kombination mit dem Facebook Börsengang und vielen neuen kostenpflichtigen Dienst ist dies der logische Rückschluss für viele Nutzer. Aber ganz so einfach ist es dann leider auch nicht und die verschiedenen Faktoren machen das Thema extrem undurchsichtig. Oft wird auch vergessen, dass es auf Facebook noch nie die komplette Reichweite gab, der Newsfeed wurde schon immer über einen Algorithmus reguliert. Vereinfach gesagt tut Facebook dies um den Nutzer nur interessante Inhalte zu zeigen denn mit ein paar Freunden, ein paar Likes und anderen Aktivitäten auf Faceboook geht die Anzahl der täglichen Inhalte schnell auf über 1000 pro Tag zu. Dies ist aber auch nur ein Aspekt den nur wenige Nutzer wahrnehmen. Was dagegen für die Nutzer sehr offensichtlich ist, ist die stetige Zunahme an Werbung im Newsfeed. Hinzu kommen stetige Veränderungen an der Darstellung der Inhalte, veränderte Verhaltsweisen der Nutzer, neue Facebook Funktionen, steigende Zahlen an Interkationen, uvm… Heute Abend wird sogar ein komplett neues Design für den Newsfeed veröffentlicht bei dem sich wieder viel ändern wird.
Eines ist allerdings klar: Facebook hat zwei Probleme, die bei Futurebiz gut beschrieben wurden. Zum einen fehlt das Vertrauen der Nutzer: In einer Umfrage stimmten 88% der Nutzer der Aussage zu, dass Facebook die Reichweite für Seiten extrem verringert hat. Zum anderen muss klar werden, dass die Reichweite bei Facebook nur gemietet ist und das nur ein strategischer Ansatz auf Dauer den Erfolg auf Facebook garantiert. Dabei ist Facebook keineswegs alleine. Nur haben es die Nutzer zum Beispiel bei Google längst akzeptiert, dass der Diensteanbieter nach eigenen Vorgaben handelt. Pauschalisiert sind die Suchmaschine und Facebook gar nicht so unterschiedlich, die Ausgabe der Inhalte wird über ein Algorithmus für jeden Nutzer personalisiert und innerhalb der Ausgabe befindet sich Werbung. Je mehr Teilnehmer auf einen dieser Schauplätze aktiv sind, desto weniger Platz für den einzelnen. Am Ende gewinnt meist die beste Qualität oder der dickste Geldbeutel.
Die Diskussion über diesen Algorithmus war einer Hauptbestandteile unserer Konferenz im November in Berlin und wird bestimmt noch eine Weile lang anhalten. Ob und wie Facebook das Vertrauen der Nutzer zurückgewinnen kann sehen wir vielleicht sogar schon heute Abend. Bis dahin sind für weitere Informationen vor allem diese Beitrage & Vorträge interessant:
- Facebook Edgerank Algorithmus – Warum werden welche Posts auf der Facebook Startseite angezeigt? (Video)
- Wider den sinnlosen Post! – Eine Brandrede für authentische Markenkommunikation in Facebook (mit vielen peinlichen Beispielen)
- Facebook Content – Welche Inhalte funktionieren und was wir daraus lernen können.
- Facebook EdgeRank – Ein Mythos und der Einfluss von Maschinen
- Edgerankchecker – Vergleich einer imaginären Kennzahl
Facebook selbst hat mit dieser Stellungnahme auf den Bericht der New York Times reagiert:
Facebooks Ziel ist es, den Menschen in den Neuigkeiten immer eine Zusammenstellung der für sie relevantesten Meldungen anzuzeigen – Meldungen, die am wahrscheinlichsten zu Interaktionen führen und sie am meisten interessieren.
Kürzlich gab es Berichte, die den Eindruck erwecken, dass der Neuigkeiten-Algorithmus von Facebook die organische Auslieferung von Beiträgen zu Gunsten von bezahlten Beiträgen unterdrückt, um den Umsatz zu steigern. Dies entspricht nicht der Wahrheit. Facebook möchte jegliche Missverständnisse diesbezüglich aus der Welt schaffen, indem erklärt wird, wie der Neuigkeiten-Algorithmus funktioniert.
Erstens hat sich die Gesamtzahl der Interaktionen („Gefällt mir“-Angaben, Kommentare und das Teilen der Inhalte) bei den meisten Menschen, die die Abonnieren-Funktion verwenden, erhöht. Tatsache ist, dass die Anzahl der Interaktionen bei Menschen mit Abonnenten im Vergleich zum Vorjahr um 34 % angestiegen ist.
Zweitens sollten einzelne Eckdaten nicht als repräsentativ dafür angesehen werden, was tatsächlich insgesamt geschieht. Zahlreiche Faktoren können die Auslieferung beeinflussen – unter anderem die Qualität und die Anzahl der Beiträge.In den Neuigkeiten werden die relevantesten Geschichten von Freunden, Menschen, die man abonniert hat, und Seiten, mit denen man sich verbunden hat, angezeigt. Fakt ist, dass der Neuigkeiten-Algorithmus getrennt vom Werbeanzeigen-Algorithmus funktioniert. Beiträge in den Neuigkeiten mit einer hohen Interaktionsrate werden keinesfalls durch bezahlte Meldungen ersetzt.
Einige weitere Hintergrundfakten als Kontext:
Die Argumentation basiert auf einigen Anekdoten die zwei Beiträge aus unterschiedlichen Jahren miteinander vergleichen.
- Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen: die Interaktionsraten von zwei Beiträgen aus zwei verschiedenen Jahren lassen sich nicht miteinander vergleichen.
Diese Anekdoten werden als repräsentativ dafür angesehen, was insgesamt geschieht. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall – die Anzahl der Interaktionen bei Menschen mit mehr als 10,000 Abonnenten hat sich um 34% erhöht.
Bei einigen Early Adopters der Abonnieren-Funktion konnten Einzelfälle beobachtet werden, bei denen sich die Anzahl der Abonnenten gesteigert hat, aber die Interaktionen im Vergleich zum Vorjahr abgenommen haben.
- Als die Abonnieren-Funktion erstmals veröffentlicht wurde, führte die Berichterstattung in Kombination mit Facebooks Marketingmaßnahmen dazu, dass viele Menschen diese ausprobiert haben. Viele Nutzer haben angefangen Personen des öffentlichen Lebens zu abonnieren, die diese Funktion aktiviert hatten.
- Im Laufe der Zeit haben einige Menschen weniger mit den abonnierten Personen interagiert, daher wurden ihnen auch weniger Beiträge angezeigt als denjenigen, die häufiger mit den Beiträgen dieser Personen interagiert hatten.
- Facebook hat im Herbst einige Änderungen an den Neuigkeiten vorgenommenen, um den Fokus auf qualitativ hochwertigere Beiträge zu legen. Diese können die Auslieferung der Beiträge von Personen des öffentlichen Lebens reduziert haben, wenn diese zu weniger Interaktionen angeregt haben.
In den vergangenen sechs Monaten hat Facebook angefangen, einige Änderungen einzuführen, um für das oben erwähnte Beispiel eine Lösung zu finden – mit dem Ziel mehr Inhalte von Personen des öffentlichen Lebens zu verbreiten. Diese Neuerungen umfassen organische Beiträge in den Neuigkeiten wie „Am häufigsten geteilte Beiträge von <Verfasser>“ und „Am häufigsten geteilte Beiträge über <Thema>“. Außerdem wurden in den Neuigkeiten die Meldungen darüber, dass man einen Link geteilt hat, neugestaltet – sie beinhalten jetzt größere Bilder und längere Beschreibungen. Einige unserer Partner haben seit der Einführung dieser Neuerungen bereits einen bedeutenden Anstieg an Traffic (35%) beobachten können.
Facebook arbeitet kontinuierlich daran, die Erfahrungen der Menschen mit den Neuigkeiten zu verbessern. Änderungen, wie die oben erwähnten, sorgen dafür, dass die richtigen Beiträge am wahrscheinlichsten auch den richtigen Menschen angezeigt werden.
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