Wie wir Facebook kaputt gemacht haben und es vielleicht wieder reparieren können.

– Gastbeitrag von Stefan Petersen –

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Es ist mittlerweile schon über 10 Jahre her, als es mit Social Media begann. Um sich in diesem völlig neuen Internet zurecht zu finden, gab es Bookmarkingdienste wie Digg, auf dem die User ihre coolsten Links posteten. Hatte dieser Link einen Wert für die anderen User, dann gab es dafür entsprechend viele „Diggs“ und die Reputation stieg.

In Social Network Tools wie Facebook tauschte man sich aus, knüpfte Kontakte und war ebenfalls sehr dankbar, wenn man Hilfe bekam.

Irgendwann erkannten immer mehr User das riesige Potential dieser Tools. Sie erzielten enorme Reichweiten und optimierten ständig ihren Output. Das war dann wohl auch der Moment, als die ersten Unternehmen Interesse an Social Media zeigten. Man wollte dabei sein. Man wollte auch ein Stückchen von der Torte. Man wollte Performance.

Jetzt wo die Maschine erst einmal ins Rollen gekommen ist, war sie kaum noch aufzuhalten. Es wurde analysiert, optimiert, Monitorings aufgesetzt, Likes gekauft, Inhalte eingekauft und weiter optimiert. So lange, bis wir vergessen hatten, worum es eigentlich immer ging. Um Menschen, persönliche Beziehungen, soziale Interaktionen, Werte und Emotionen.

Wir haben die Algorithmen manipuliert und damit den sozialen Interaktionen einen Tritt in den Arsch gegeben.

Heute stehen wir vor einem Scherbenhaufen und weinen am Grab der organischen Reichweite. Es gibt kein Recht auf kostenlose Reichweite. Gab es auch noch nie. Schon gar nicht, wenn man sie selbst zerstört hat. Wir haben sie künstlich erzeugt und mit Inhalten gefüllt, die eigentlich niemanden interessiert haben.

Marc Zuckerberg brauchte nur ein einziges Posting über die gravierenden Änderungen im Algorithmus… und die komplette Social Media Fachkompetenz drehte durch.

„Wir wollen unsere Reichweite zurück“ oder „Jetzt zeigt Facebook, dass es nur um die bezahlten Ads geht“ waren dabei noch eher harmlose Aussagen. Und doch bestätigen sie damit genau das, was wir falsch gemacht haben. Facebook macht meiner Meinung nach den längst überfälligen Schritt. Sie versuchen das Netzwerk wieder zu dem zu machen, was es einmal war. Ein soziales Netzwerk in dem es um den Menschen geht, um persönliche Beziehungen. Unabhängig davon, dass sich die Argumentation natürlich super verkaufen lässt, ist es dennoch der einzig sinnvolle Weg, die User wieder zurück zu Facebook zu bringen. Aber wie bekommen wir die Reichweite wieder zurück?

Wir haben das Wichtigste vergessen – den Menschen!

Vor lauter Optimierung der Inhalte auf Kanälen wie Facebook, haben wir das Wichtigste vergessen. Wir haben den Menschen nur noch als Lead und potentiellen Käufer gesehen und mit seinen Empfindungen und Wünschen nicht mehr ernst genommen.

Der Weg aus dieser Krise wird nur durch ein paar wichtige Faktoren entschieden werden.

  • Relevanz
    Ist der Content wirklich relevant für alle, oder passt der nur für einen Teil?
  • Persönlichkeit
    Wer verfasst den Content? Wer beantwortet die Fragen der Community? Ist „wir das Unternehmen“ die richtige Ansprache, oder zeigen wir, dass Personen dahinter stehen?
  • Dialog
    Wir müssen aufhören, auf Dialoge zu warten. Wir sollten sie vielmehr persönlich initiieren und führen.
  • Werte
    Welchen Wert hat der Content für den Fan? Ein simpler Rabatt wird zukünftig nicht mehr ausreichen für den Fan. Wir müssen ihm zuhören, Antworten liefern, ihn ernst nehmen und Barrieren abschaffen. Persönlich schnell und unkompliziert.
  • Leidenschaft
    Social Media war noch nie einfach nur ein Job. Wer Social Media wirklich dauerhaft erfolgreich machen möchte, braucht Leidenschaft. Dazu ist es nicht notwendig, jedes Thema zu lieben. Es reicht, wenn man Social Media liebt.

Ok, aber was bedeutet das jetzt konkret für meinen Facebook Auftritt?

Natürlich. So ein paar Schlagworte sind einfach geschrieben. Darauf aufbauend kommen hier ein paar Strategieansätze, um die sinkenden Reichweiten nicht nur zu stoppen, sondern sogar nachhaltig zu steigern.

10 Strategieansätze

  • Proaktives Dialogmanagement
    Dialoge sorgen nicht nur für ein hohes Engagement. Mit der richtigen Strategie wird zusätzlich das Vertrauen, die Reputation und die Reichweite gesteigert. Wir brauchen Strategien, wie der Fan zukünftig angesprochen wird. In der Mail, im Shop, auf Facebook, im Kundenservice, überall.
  • Chat Marketing
    Gespräche sind der Schlüssel. Chats sorgen nicht nur für eine persönliche Bindung, sie können auch nicht von Algorithmen beeinflusst werden.
    Chatbots können zusätzlich eine wertvolle Hilfe für die Fans sein. Als Style Berater oder als helfende Hand für die persönlichen Bedürfnisse der Fans.
  • Facebook Advertising
    Ads, um Beiträge zu boosten, Fans aufzubauen, Reichweiten zu erhöhen, Leads zu generieren oder sonstige Ziele zu erreichen wird nicht mehr ausreichen. Wir müssen Strategien entwickeln und Zielgruppen erarbeiten, in denen die AD Kampagnen voll integriert sind, so dass sich Fanpage und Ads gegenseitig befruchten.
  • Ganzheitliches Kundenmanagement
    Der Wert des Kunden muss im Unternehmen definiert werden und komplett in die Marketing Strategie eingebunden werden.
  • Corporate Influencer
    Unternehmen brauchen keine Influencer, die Kaufentscheidungen der Fans beeinflussen. Sie brauchen Spezialisten die für ihr Thema brennen.
  • Kundengruppen
    Wenn der Fan mit unseren Inhalten nicht agiert, wo interagiert er dann und was interessiert ihn noch? Wir brauchen keine Zielgruppen anzusteuern, die wir selbst definiert haben. Wir sollten vielmehr schauen, welche Themen unsere Fans wirklich interessieren.
  • Marketing Cloud Systeme
    Wir können den Kunden nicht in den Fokus stellen und unsere Strategie darauf ausrichten und weiterhin in einzelnen Marketingdisziplinen denken. Marketing Cloud Systeme bieten die Chance, den Kunden mit relevanten, wertvollen Inhalten abzuholen.
  • Zielgruppenorientierte Inhalte
    „One size fits all“ war noch nie eine gute Idee auf der Fanpage. Spätestens jetzt gilt es, die passenden Inhalte an die richtige Zielgruppe zu liefern.
  • Lösungsorientierte Inhalte
    Für jedes Produkt gibt es jede Menge Fragen. Auf Portalen wie GuteFrage.de werden die Antworten von Dritten geliefert. Wir sollten aber auch diejenigen sein, die die entsprechenden Lösungen liefern.
  • Plattformübergreifende, klare Zielsetzung
    Klare Ziele die sich das Unternehmen gesetzt hat, sollten für jeden Kanal gelten und von Beginn an in die Strategie mit aufgenommen werden.

Ja, ich weiß. Jede Menge Möglichkeiten, viele Ansätze und noch mehr Herausforderungen, die ich hier anreiße. Vielleicht erscheinen dem einen oder anderen Leser die Herausforderungen jetzt auch als viel zu hoch.

Entscheidend ist aber viel mehr, dass spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um die Probleme zu benennen. Die eine richtige Lösung gibt es sowieso nicht. Aber sind wir nicht diejenigen, die es besser machen sollten?

„Wer macht mit? Lasst uns die Zukunft gemeinsam gestalten!“

Image Credits: Thinglass @ shuttertsock.com

Stefan Petersen
Stefan Petersenhttp://netnomics.de
Stefan ist seit vielen Jahren leidenschaftlicher Social Media Manager und arbeitet bei der netnomics GmbH in Hamburg. Neben den üblichen Social Media Disziplinen liegen ihm besonders die Themen Strategie, Dialog Marketing, Blogging, Workshops und Vorträge am Herzen. Die netnomics GmbH macht nicht nur Social Media, sondern unterstützt ihre Kunden auch im Bereich E-Mail Marketing und Cloud Systeme.

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20 Kommentare

  1. Hm. „Relevanz“ ist allerdings etwas, was in Social Media Vorträgen und Artikeln seit Jahren gepredigt wird ;-) Irgendwie kann ich in dem Artikel keine wirklich schlüssigen Ansätze finden, mit denen sich das aktuelle Problem (das Wegbrechen der organischen Reichweite) lösen lässt. Vielleicht ist es jetzt eher an der Zeit, sich nach anderen (geeigneteren) Marketing-Kanälen jenseits von Social Media mzuschauen?

    Was genau meinst Du mit „Der Wert des Kunden muss im Unternehmen definiert werden und komplett in die Marketing Strategie eingebunden werden.“ In wie weit kann das bei dem aktuellen Dilemma helfen? Und in wie weit können Marketing Cloud Systeme bei dem Dilemma helfen?

    Zum Thema Chat Marketing: Wenn wir als Marketer Facebook kaputt gemacht haben, ist es dann wirklich die Lösung, jetzt (auch noch) den Messenger zu entern? Glaubst Du, dass Marketing-Nachrichten in diesem (noch persönlicheren) Bereich wirklich akzeptiert werden?

    P.S.: Mark Zuckerberg, nicht Marc :)

    • Hallo Michael. Erst einmal vielen Dank für deinen Kommentar. Klar, Relevanz ist nicht wirklich ein neues Thema, nur leider wird es in der Praxis nach wie vor so gut wie nie wirklich konsequent umgesetzt, wenn wir mal ehrlich sind. :-)

      Keine schlüssigen Ansätze? Ok, dann habe ich es nicht geschafft dies klar zu machen. Mein Fehler. Meine Ansätze sind die aufgeführten Punkte wie Relevanz, Persönlichkeit, Dialog, Werte und Leidenschaft. Ich bin mir sicher, dass hier die größten Probleme liegen. Wer zeigt denn die Person hinter einem Posting? Wo siehst du denn Leidenschaft in den Fotos? Wo wird denn wirklich ein Dialog angestoßen? Wir reagieren anstatt zu agieren. Wir müssen den Menschen mal ernst nehmen und ihn mit einbeziehen. Dann wird auch die organische Reichweite wieder stimmen.

      Zum Thema Wert des Kunden: Naja, ich schaue halt darauf welche Richtlinien die Unternehmen für das Community Management mitgeben. Wenn hier der Kundenservice immer noch nicht begriffen hat, dass der Kunde im Vordergrund steht, dann ist der Wert des Kunden für die heutige Social Media Zeit überholt. Aus Marketingsicht gibt es auch „Werte“ die völlig falsch angegangen werden. Wenn es xx EUR braucht um einen neuen Kunden zu gewinnen, dann hat der Kunde nicht diesen xx Wert. Auch hier hat man immer noch nicht begriffen worum es geht.

      Zum Thema Marketing Cloud Systeme: Natürlich können diese beim o.g. Problem helfen. Wenn ich sehe, das Kunde XY den Newsletter abonniert hat, auf der Fanpage liked, einen Warenumsatz von XX im Jahr macht, dann hat das doch genau die Aussage die ich brauche. Dann kann ich diesen Kunden doch auch wesentlich effektiver betreuen.

      Zum Thema Chat Marketing: Hier wird das Thema dann sicherlich zu groß für ein paar Kommentare. Eines kann ich aber erklären. Wenn ein Unternehmen das ganze Thema einmal ernsthaft betrachtet und hinterfragt, dann kommt sie vielleicht zu dem Schluss den Kundenservice und den Community Service mal zusammen zu führen. Am besten so, dass fachkompetente Leute auch eine echte Hilfe bieten. Das wäre für mich ein echter Mehrwert und ein guter Ansatz. Chatbots und Marketing Messages wäre dann ein zusätzliches Thema, aber auch das kann passen in einer ordentlichen Strategie.

      Viele Grüße
      Stefan

  2. Hallo allfacebook,
    Sehr guter Beitrag. Vielen Dank dafür! Nachvollziehbarkeiit, Identifikation und Begeisterung – dies sind m.E. die wichtigsten Voraussetzungen für künftige Social Media Auftritte. Dann bleiben die Kanäle spannend und einzigartig.
    Achim Hartlieb, Social Media Manager

  3. Immer wenn jemand den Menschen in den Mittelpunkt stellen will, und von Werten, Persönlichkeit und Leidenschaft spricht, ist er von einer Bank, Versicherung oder aus dem Marketing :)
    „Wir“ selbst haben den Menschen nie vergessen.
    Facebook sieht nur ein paar Stolpersteine in der weiteren Monetarisierung und wird sie so weiter vorantreiben. Das wars auch schon.
    Klar hat man ein Recht auf Reichweite im Internet. Nur auf Einzelseiten wie Facebook nicht. „Bald“ kommt eine gemeinnützige Facebookalternative, wetten?

    • Hallo Dan. Lieben Dank für deinen Kommentar. Ok, so etwas kommt also immer von Banken, Marketern usw.?! Ich bin zwar Marketer, aber sicher nicht einer der üblichen Sorte. ?
      Zum Thema Reichweite: Ich schreibe in meinem Artikel „kein Recht auf kostenlose Reichweite“ und genau darum geht. Darauf können wir keinen Anspruch erheben.
      Gruß
      Stefan

  4. Lieber Stefan,
    vielen Dank für diesen überragenden Artikel, der aus meiner Sicht zwei wesentliche Punkte phantastisch pointiert:

    1. Social Media Marketing findet zwar noch im Social Media statt, ist aber längst zu viel Marketing und zu wenig Social. Wer Social Media machen will, darf den authentischen, ehrlichen persönlichen Auftritt nicht vernachlässien.
    2. Das Problem der schwindenden organischen Reichweite ist dank immer weiterer Optimierung der Werbetreibenden vor allem eines: Selbst verschuldet.

    Was die Strategien angeht, gehe ich in einem Punkt nicht mit. Obgleich ich in vielen Anwendungsfällen ja durchaus als Verfechter von Marketing Cloud Systemen bekannt bin, bin ich mir nicht sicher, ob ich bei der geschilderten Problematik wirklich einen Use Case für Salesforce & Co. sehe – denn „Skalierfähigkeit“ gehört aus meiner Sicht nicht unbedingt zu den Dingen, die Social Media wieder Social machen.

    Mit besten Grüßen
    Atilla Wohllebe

    • Danke, Attila. Den Usecase für Salesforce und Co. sehe ich beim Wert des Kunden, sofern man ihn erkennen möchte. Wie im obigen Kommentar bereits erklärt, ist das für mich der Ansatz um den Kunden und den Menschen wieder in den Vordergrund zu rücken. Skalieren ist hier auch der falsche Ansatz. Ich würde es Service nennen wollen.

  5. „Erstes Buch Der Produktionsprozeß des Kapitals
    Erster Abschnitt Ware und Geld
    ERSTES KAPITEL Die Ware
    1. Die zwei Faktoren der Ware: Gebrauchswert und Wert(Wertsubstanz, Wertgröße)

    Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht,
    erscheint als eine „ungeheure Warensammlung“, die einzelne Ware als seine Elementarform.
    Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware. “

    Immer häufiger treffe ich auf Themen, wo alle sich schwer tun mit Erklärungen. Und dabei ist auch nur der erste Satz vom ersten Kapitel im ersten Buch immer klarer der wirksamste Schlüssel zum Verstehen. (Wenn man nur das Undenkbare zu denken bereit ist und nicht weiter von der unsichtbaren Hand träumt, die alles zum Rechten lenken wird, je mehr wir uns nur blind dieser Lenkung fügen.)
    Also, warum und wie soll ausgerechnet Facebook das einzige Teil der Gesellschaft sein, dem die Flucht aus der kapitalistischen Produktionsweise gelingt und das seine Gebrauchswerte nicht zur Ware mit Tauschwert macht?

    • Hallo Milan. Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich versuche dir mal zu antworten, befürchte aber, dass ich dich missverstehe. ?
      Facebook wird nicht der Kanal sein, der dein o.a. Problem löst. Facebook ist entstanden um Menschen zusammen zu bringen. Heute tauschen wir, um in deinen Worten zu bleiben, digitale Handlungen gegen Werte wie Gutscheine etc. Genau das sehe ich auch als Problem, nur wird Facebook dies nicht lösen. Wenn dann müssen wir es tun. Aber das wird wohl mehr als einen Artikel oder ein paar Kommentare brauchen. ?

  6. Lieber Stefan
    Es wird soviel geschrieben – und jeder meint er schreibt etwas Neues…
    Normalerweise lese ich keine ganzen Artikel (schon gar nicht morgens um 05:00 Uhr…) – sondern „überfliege“ sie nur.
    Und das ich einen Kommentar hinterlasse, passiert nicht wirklich oft. Meine Zeit ist mir zu kostbar dazu ;).
    Zu deinem Beitrag gratuliere ich dir. Perfekt strukturiert mit aussagekräftigem Content mit der/meiner Erkenntnis (Jahrgang 58 mit einiger Erfahrung in der digitalen Welt), dass es im wahren Leben immer um Menschen geht – gehen sollte…
    …und das ich die soziale Kompetenz höher einstufe als die Fachliche. Denn die soziale Kompetenz kann man nicht wirklich lernen. #MeineErfahrung

    • Lieber Hans. Wenn das mal nicht meine Seele streichelt. Ich habe mich sehr über die warmen Worte gefreut. ?
      Soziale Kompetenz, ja. Da ist in den letzten Generationen einiges flöten gegangen. Das ist im Übrigen sogar eines der größten Probleme die wir aktuell haben. Vor allem in den Social Networks. Wahrscheinlich wird es noch ein paar Generationen dauern, bevor diese Kompetenz wieder ausreichend vorhanden ist. Aber wir sind hier um diese Dinge anzusprechen und es besser zu machen.

  7. Wie ich festgestellt habe, ist eine Facebook-Strategie eine Angelegenheit von vielen Monaten und täglichem Einsatz, bis sie gute Erfolge bringt. Ein Mitarbeiter hat mir beigebracht, wie ich Aktionen und auch Reaktionen formulieren/gestalten muß, damit sie auf eine gute Community treffen und von diesen wunschgemäß beantwortet werden. Ein Ganztages-Job für intelligente Menschen. Wir hatten sehr gute Erfolge, tolle organische Reichweiten, ständiges Wachstum. Es wäre schade, wenn Facebook „aus der Mode“ käme, weil die Gesamt-Community erkennt, daß organische Reichweiten immer mehr gekürzt werden und bezahlte Werbung extreme Streuverluste und Fake-Likes bringen!

    • Hallo Georg. Ich glaube du brauchst dir da wenig Gedanken machen. Dein Kommentar liest sich für mich so, dass eure Herangehensweise genau die richtige ist. ?

  8. Etwas eigenartig, dieser Text. Wer ist dieses ominöse „wir“, das da spricht? Die Beobachtungen über die Entwicklung der letzten 10 Jahre sind richtig, auch wenn sie an vielen Stellen zu kurz greifen, da Social Media nicht getrennt von der Entwicklung im Netz insgesamt gesehen werden kann.

    Doch die Schlussfolgerungen hängen beziehungslos im Raum und lassen wesentliche Aspekte außer Acht. Da ist zum einen die Tatsache, dass in vielen Unternehmen schlicht die Kapazität fehlt, Social Media Kanäle langfristig zu bespielen. Nicht die differenzierte und systematische Ansprache immer feiner portionierter Zielgruppensegmente ist vielerorts das Problem, sondern die Tatsache, dass gefühlt 90 % aller Unternehmen froh sind, wenn sie – nach 2 bis 3 Jahren Facebook-Page-Betrieb – überhaupt 1x im Monat ein Posting hinbekommen. das über ein Bild aus dem Produktkatalog hinausgeht.

    Zum anderen lässt der Autor völlig außer Acht, dass sich die Struktur und das Verhalten der Nutzer ebenfalls deutlich verändert haben. Hatte man anfangs noch Early Adopter und begeisterte Social Communicators, ist heute ein breiter und nicht unbedingt nur angenehmer Querschnitt der Bevölkerung online unterwegs. Sie verteilen ihre Surfzeit auf x Kanäle, und ein gewisser, sehr lauter Teil steht ständig in Wartestellung, sich voll Wonne beim nächsten Shit Storm auszutoben. Die wachsende Gewohnheit, die geringe Aufmerksamkeitsspanne, die immer geringere Zeit pro Einzelkanal führen zu einem größtenteils passiven Scroll Konsum. Die Nutzer wollen möglichst schnell, oberflächlich und schmerzlos bespaßt werden – alle intensiveren Dialogversuche verrauchen im weißen Rauschen, sobald mehr als 2 oder 3 meiner gelikten Seiten solchen Empfehlungen folgen, wie sie der Autor ausspricht.

    • Hallo Michael. Erst einmal besten Dank für den ausführlichen Kommentar. Ich versuche mal auf alles einzugehen. ?

      „Wer ist dieses ominöse „wir“, das da spricht?“

      Wir. Das sind du und ich. Das sind wir als Marketer und als Facebook User. Denn wir sind es die Dinge nicht ausreichend hinterfragt haben. Wir sind es die bei Charity Aktionen mit einem Like unser Gewissen beruhigen. Wir sind es, die einem Freund erst nach 3 Tagen antworten. Mag sein, dass du da eine Ausnahme bist. Ich nehme mich da nicht raus.

      „Da Social Media nicht getrennt von der Entwicklung im Netz insgesamt gesehen werden kann.“

      Nicht? Social Media ist Dialog, oder sollte es sein. Social Medien bedeutet soziale Verbindungen. Ich sehe da schon einen großen Unterschied zum Rest des Netzes.

      „Doch die Schlussfolgerungen hängen beziehungslos im Raum und lassen wesentliche Aspekte außer Acht.“

      Ok. Mein Fehler. Ich dachte, ich hätte das verständlich erklärt.

      „Da ist zum einen die Tatsache, dass in vielen Unternehmen schlicht die Kapazität fehlt, Social Media Kanäle langfristig zu bespielen.“

      Dann sollten sie es lassen, oder es machen lassen. Klingt hart, ist aber so.

      „Nicht die differenzierte und systematische Ansprache immer feiner portionierter Zielgruppensegmente ist vielerorts das Problem, sondern die Tatsache, dass gefühlt 90 % aller Unternehmen froh sind, wenn sie – nach 2 bis 3 Jahren Facebook-Page-Betrieb – überhaupt 1x im Monat ein Posting hinbekommen. das über ein Bild aus dem Produktkatalog hinausgeht.“

      Auch hier liegt das Problem beim Unternehmen selbst. Wenn keine Kapazitäten vorhanden sind, oder das Know How fehlt, dann gibt es dafür Fachleute. Es war noch nie wirklich clever zu glauben, dass man so ein bisschen Social Media auch selbst machen kann. Das funktioniert weder im Grafik Design, noch beim Fliesen verlegen oder im Social Media Bereich.

      „Zum anderen lässt der Autor völlig außer Acht, dass sich die Struktur und das Verhalten der Nutzer ebenfalls deutlich verändert haben.“

      Stimmt, aber es entkräftet dadurch doch nicht meine Aussagen. Nur weil sich das User Verhalten geändert hat, muss ich doch jetzt nicht mit weniger Leidenschaft an die Sache gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Social Media ist nicht einfach nur ein Job!

      „alle intensiveren Dialogversuche verrauchen im weißen Rauschen, sobald mehr als 2 oder 3 meiner gelikten Seiten solchen Empfehlungen folgen, wie sie der Autor ausspricht.“

      Ok. Sofern viele Seitenbetreiber meinen Tipps folgen sollten, ist das Problem also wieder da? Hmmh, kann ich schwer voraus sehen. Ich glaube eher, dass wir Menschen diese Dialoge brauchen und suchen. Nicht immer und zu jeder Zeit, aber immer öfter zu den verschiedensten Themen. Genau dann ist es die Aufgabe des Social Media oder Community Managers da zu sein. Und genau dann wird das erreicht worauf ich hinaus will. Eine Situation in der sich beide wohl fühlen. Das ist Social Media. ?

  9. Ein bekannter Topos aus der Kulturgeschichte der Menschheit: Die Revolution frisst ihre Kinder. — Danke fürs Teilen dieser umfassenen Einschätzung zu Facebook. Es gab gerade auch eine wortreichen Post dazu eines lesenswerten Beitrags des US-Magazins Wired, siehe https://www-wired-com.cdn.ampproject.org/c/s/www.wired.com/story/inside-facebook-mark-zuckerberg-2-years-of-hell/amp —. Hier wurde das Thema Facebook als Dilemma von M. Zuckerberg geschildert. Tenor: Platform oder Publishing, was ist FB im Kern? Wahrscheinlich beides. — Mein persönliches Nutzungsverständnis von FB hat sich in den letzten Jahren verändert, nachdem ich anfangs den Publishing-Möglichkeiten verfallen wäre und heute gezielter zu Themen via FB eigene Netzwerke und Zirkel aufbauen kann, um ganz individuell das zu teilen und zu diskutieren, was mir und anderen wichtig erscheint. Ich finde das aus jetziger Sicht eine sehr positive Entwicklung hin zur Customization.

  10. Hallo Andreas. Besten Dank für deinen wertvollen Kommentar.

    Customization klingt wirklich gut und ich versuche es selbst umzusetzen. Mein Problem ist hier aber immer, dass alle Freunde von mir, die nicht im Social Media unterwegs sind, immer noch völlig überfordert damit sind. :-)
    Gerade solche Möglichkeiten sind bisher leider noch nicht beim User angekommen. Wahrscheinlich werden sie es wohl auch nie. Der gemeine Facebook User ist so faul, dass er nicht einmal Artikel liest. Hier muss erst einmal der ganze „Rotz“ aus den Timelines entfernt werden. Vielleicht schafft der neue Algorithmus da etwas Luft.

  11. Hallo Stefan, schönen Dank für deine ausführlichen Antworten! Bevor ich auf einzelne Punkte eingehe, ein paar allgemeinere Anmerkungen:

    Meine Sicht auf Social Media speziell und Online generell ist, dass wir (also alle Nutzer, Unternehmen und erst recht die Politik) noch immer am Anfang der Entwicklung(en) dieser Medien stehen: in der Technik, der Nutzung – der gesamten „Biosphäre“, wenn man so will – und vor allem im Verständnis von Möglichkeiten und best practice. Gleichzeitig kratzt die breite Mehrheit einschließlich der Millennials und Native User meist nur die Oberfläche der Sache an. Sie haben ihre ein bis zwei Dutzend Apps und Seiten, die sie kennen und beherrschen, aber die Tiefe des Eindringens und Verstehens ist gering.

    Speziell bei Unternehmen kommt dazu, dass sich hier die Haltung des Business-Nutzers und Postingschreibers oft nicht vom privaten Ich unterscheidet. Nur wenige, große Unternehmen können sich Profis fürs Community Management und angrenzende Bereiche leisten. Der Rest ist buchstäblich hilflos, überfordert, oft auch verängstigt … bestenfalls in der Rolle eines Menschen, der dem Zug der Mehrheit folgt, weil das immer noch die einfachste Methode ist, mit überkomplexen Systemen klar zu kommen.

    Wir haben also ein in Zahlen beeindruckend großes Gebiet, doch – bildhaft gesprochen – immer wieder auf die paar Oasen zu zeigen, ändert nichts daran, dass der Rest eine ziemliche Wüste ist.

    Unter diesem Aspekt sehe ich auch dein „Wir“ … und kann dir nicht so ganz zustimmen. Faktisch haben nur ganz, ganz wenige diese Sünden begangen; ein bewusster Weg im Sinne einer großen, um sich greifenden Bewegung war es gewiss nicht.

    So schreibst du: „Es wurde analysiert, optimiert, Monitorings aufgesetzt, Likes gekauft, Inhalte eingekauft und weiter optimiert.“ Ja – das alles geschah, doch im allergeringsten Umfang mit dedizierter Absicht. Man folgte … oft eher mutlos, meist halbherzig und inkonsequent … der Karawane. Versteh mich nicht falsch: Das Phänomen in sich beschreibst du richtig. Es hat nur nichts mit einem größeren Wir zu tun.

    Weiter von dir: „So lange, bis wir vergessen hatten, worum es eigentlich immer ging. Um Menschen, persönliche Beziehungen, soziale Interaktionen, Werte und Emotionen.“ Die Intention war bzw. ist das bei vielen – ja. Doch die meisten Nutzer inklusive Businessnutzern, mit denen ich spreche, erleben dabei ein Scheitern an der Realität.

    Es ist … um auf das Bild zurückzukommen … für die meisten einfach zu viel Wüste zwischen den Oasen. Man hat Messenger- und vielleicht ein paar facebook-Gruppen, um sich wirklich persönlich und emotional auszutauschen. Der Rest ist öde – und damit meine ich gerade nicht die wenigen professionell gemachten und gepflegten Unternehmensauftritte! Nein, es ist der enttäuschende Langweiler aus dem Betrieb XY mit seinem wöchentlichen Billigangebot und dem einen Gruß zu Weihnachten oder meine zehn Kumpels, die nichts als Witze und Urlaubsbilder posten!

    Ich habe oft über Xing zu sprechen und versuche dann, den Nutzen dieses Mediums zu erläutern. Mein Bild ist dabei das des Goldschürfens: Man muss eine riesige Menge Dreck durchsieben, dann findet man am Ende auch das Gold, das die Sache lohnend macht.

    Nun, ich will die Tapete nicht zu lang werden lassen. Konkret zu deinen Antworten:

    >> Nicht? Social Media ist Dialog, oder sollte es sein. Social Medien bedeutet soziale Verbindungen. Ich sehe da schon einen großen Unterschied zum Rest des Netzes.
    <> Dann sollten sie es lassen, oder es machen lassen. Klingt hart, ist aber so.
    <> Auch hier liegt das Problem beim Unternehmen selbst. Wenn keine Kapazitäten vorhanden sind, oder das Know How fehlt, dann gibt es dafür Fachleute.
    <> Es war noch nie wirklich clever zu glauben, dass man so ein bisschen Social Media auch selbst machen kann. Das funktioniert weder im Grafik Design, noch beim Fliesen verlegen oder im Social Media Bereich.
    <> Nur weil sich das User Verhalten geändert hat, muss ich doch jetzt nicht mit weniger Leidenschaft an die Sache gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Social Media ist nicht einfach nur ein Job!
    <> Proaktives Dialogmanagement (…)
    <> Ok. Sofern viele Seitenbetreiber meinen Tipps folgen sollten, ist das Problem also wieder da? Hmmh, kann ich schwer voraus sehen.
    << Eine Glaskugel hab ich auch nicht. Aber deine Vorschläge (einzeln betrachtet finde ich die meisten gut bis ok) passen irgendwie nicht zu der vorhergehenden Analyse. Denn anfangs stellst du richtig fest, dass Unternehmen den Charakter des Mediums ungünstig beeinflusst haben. Der einzig richtige Schluss daraus wäre: Macht eigene Plattformen auf und verlasst die echten "sozialen" Kanäle!

    Nun aber lieferst du 10 Strategien, die bei konsequenter Umsetzung die Wüste nur vergrößern, weil sie das optimieren, was die Wüste erst zu einer macht: eine erschlagende Fülle von Informationen und Dialogangeboten aus Unternehmensmund, die rein durch ihre Masse rasch jeden Reiz verlieren … schlimmstenfalls von Desorientierung zu schlichter Angst führen.

    Soweit mal von mir. Und ums nicht allzu schlimm klingen zu lassen: Es war mir ein Vergnügen! :)

  12. Wenn Business die Privatsphäre nicht respektieren kann kommen wir in einen Rahmen des Überwachungsstaats und das in Demokratischen Ländern. Heuchlerischer kann das ja wohl nicht mehr werden!

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