– Gastbeitrag von Bastian Koch –
Thomas Meyer beschrieb hier vor ein paar Tagen, die Herausforderung seinem Umfeld die passende Antwort auf die typische Frage bei Familienfeiern, Klassentreffen und Blind Dates zu geben:
Was machst du eigentlich beruflich?
Thomas ist, wie er selbst sagt, erstens Verkaufsleiter bei einer Social Software Agentur. (Es geht um ein Tool, dass die zentrale Steuerung ‘aller’ Social Media Kanäle ermöglicht.) Außerdem unterrichtet er zweitens Social Media Management an einer Fachhochschule.
Als Elevator Pitch innerhalb der Szene sicher auf den Punkt, für Menschen, die beruflich nichts bis wenig mit der Materie zu tun, eher schwer verständlich und die Reaktionen entsprechend:
zu 1.) Ah, was mit oder sogar bei Facebook!
zu 2.) Oh, was man nicht alles studieren kann!
Um genau dem aus dem Weg zu gehen, gibt Thomas vor erfolgreicher Rechtsanwalt in Wien zu sein. Das lässt zumindest seiner Erfahrung nach keine Frage offen. Und er bringt noch ein paar weitere Jobbezeichnungen ins Spiel, die mit demselben Problem zu kämpfen haben:
- Community Manager/in
- Social Media Redaktuer/in
- Content Profis
- Social Media-Strategen
- Social Media Ninjas
Auch abseits der wahrscheinlich augenzwinkernden Anlehnung an die unsichtbaren und gefürchteten Partisanenkämpfer des vorindustriellen Japans sieht Thomas das Problem sowohl in der eigenen Positionierung als auch in der internen und externen Fremdwahrnehmung seines Berufsstandes; die eher subventionierter Liebhaberei als angemessen bezahlter Profession entspricht.
Mate, Dutt und Skinny Jeans
Die in den letzten Jahren entstandenen Tätigkeitsfelder neben oder innerhalb sozialer Netzwerke sorgten tatsächlich für ungenaue, zum Teil irreführende Bezeichungen und das fehlende Verständnis über das ‘digitale was, wie und warum’ innerhalb der Führungsebenen für eine in diesen Extremen ziemlich fahrlässige Administration.
Von nicht existent über ausgegliedert/fremdgesteuert bis hin zu: Lass das mal den Praktikanten machen (der in drei bis sechs Monaten sowieso nicht mehr da ist *räusper*).
Die Zeiten haben sich glücklicherweise geändert; inkl. der Wahrnehmung und Wertschätzung, wenn auch mit jeder Menge Luft nach oben. Der Social Media Manager ist jedoch geblieben, vielleicht auch – und da geb ich Thomas Recht – weil es so schön hip nach Mate, Dutt und Skinny Jeans klingt, nach Freiheit, Kreativität, Silicon Valley … aber doch nichts bzw. nicht das Richtige aussagt.
Wir haben ein Wording-Problem
In der breiten Masse ist Social Media immer noch ein Synonym für Facebook; im besten Fall vielleicht für Facebook, Twitter und Instagram. Doch auch wenn die Vorstellung reiz- sowie klangvoll daher kommt, wir managen diese und andere Kanäle nicht im Wortsinne. Wir benutzen sie und zwar ohne Raketentechnologie oder Zauberkraft und ohne auch nur eine wirklich neue Tätigkeit erfunden zu haben.
Es geht um:
- Zielsetzung, Konzept und Strategie
- Kundenbetreuung und Dialog
- Redaktion, Recherche
- Kampagnen- und Media Planung/Anzeigenschaltung
- Marktbeobachtung und -analyse
- Trendforschung und Produktentwicklung
- Schnittstellenkompetenz und Führungsqualitäten
- etc.
Fazit
Es wird offensichtlich, dass mit der Fülle an (möglichen) Aufgaben nicht nur eine Professionalisierung, sondern auch eine Spezialisierung – auch und gerade durch Facheinrichtungen, Workshops und ständiger Weiterbildungsmaßnahmen – nötig wird und der Begriff Social Media Management nicht nur unzureichend und falsch, sondern zutiefst irritierend ist.
- Keiner dieser Punkte gilt exklusiv für etwas, dass man exklusiv Social Media zuordnen könnte, doch in jedem Fall geht es um die interne und externe Kommunikation, um je nach Zielsetzung Image, Reputation, Staff und auch Umsätze zu generieren.
- Jeder dieser Punkte stellt besondere Anforderungen, was die Herangehensweise und Umsetzung in den verschiedenen Netzwerken und Communities betrifft, ohne dass eine Person oder ein Team in der Lage wären, dies ohne gelebte Wertschätzung und übergreifende Integration wahrnehmen zu können.
Dabei finde ich nicht, dass es ein Nachteil ist, den Beruf oder die Berufung nicht in zwei bis fünf Anglizismen zusammen fassen können. Nehmt euch und eure Gesprächspartner ernst! Nennt Firma und Abteilung, in der eure Position angesiedelt ist und wie eure konkrete Aufgabe als wichtiger Bestandteil der jeweiligen Organisation aussieht.
Frei nach Thomas: unsere Kollegen, die Familie, der Freundeskreis sollten – genau wie wir selbst – wissen, was wir tun und warum ;-)
Disclaimer:
Ich bin als Social Media Dozent (sic!) zugegebener Maßen ein Teil der sprachlichen Verwirrung. Doch was meine Kurse betrifft, werde ich mich dafür einsetzen, ‘Social Media Manager/in: Schwerpunkt Unternehmenskommunikation über digitale Medien’ zu sprechen. Für ausschreibende Arbeitgeber, ausbildende Institute sowie deren Absolventen wird dieses erlernte bzw. zertifizierte Berufsbild ein wichtiger Anhaltspunkt bleiben, bis uns was besseres einfällt.
Image-Credits: keeptitsurreal @ flickr.com (cc by-sa 2.0)
Über den Autor:
Bastian Koch ist Gründer und Geschäftsführer der keksbox – marketingagentur in Berlin und betreut Unternehmen und Institutionen bei der Planung, Umsetzung und Pflege ihrer Online-Auftritte. Der Autor des Buches ‘Social Media – wie Sie mit Facebook, Twitter und Co. Ihren Kunden näher kommen’ gibt sein Wissen unter anderem als Dozent für zertifizeirte Online Marketing- und Social Media Manager an der IHK Potsdam weiter.
Foto © Dominik Butzmann
Bitte lasst jemanden korrekturlesen der den unterschied zw das/dass kennt!
Dass ist ja furchtbar…