In unserer kleinen Interview Reihe haben wir inzwischen bereits mehrmals herausgehört, dass das Out-Sourcing des Community Managements nicht nur eine große Arbeitserleichterung darstellt, sondern auch großen Abstimmungsaufwand braucht und Risiken bergen kann. Deshalb haben wir für unser heutiges Interview einmal speziell bei einem Dienstleister nachgefragt, der im Bereich Community-Management seinen Schwerpunkt hat.
Hallo Julian! Schön dass du Zeit für ein Interview hast! Kannst du dich unseren Lesern kurz vorstellen?
Zeit ist dieser Tage mein knappstes Gut … aber für AllFacebook natürlich immer gerne! Bereits während meiner Ausbildung zum Mediamatiker habe ich mich stark mit der Internetkommunikation und Content im Bereich Videostreaming auseinandergesetzt. Anschliessend bin ich bei Sony Schweiz als Digital Marketing Spezialist eingestiegen und hatte dort die Gelegenheit, die digitale Kommunikationsstrategie für einen internationalen Konzerns mitzugestalten. Danach habe ich als Sales Manager für 20 Minuten Online, dem grössten Schweizer Online Portal viele Promotionskonzepte zusammen mit unseren Kunden erfolgreich umgesetzt. Und dann war schon Swiss Online Publishing geboren. Wir haben uns von Anfang an auf das Thema Content und Community Management spezialisiert.
Aber, um da direkt einzuhaken: Kann man die Facebook Redaktion und das Community Management wirklich auslagern?
Es ist eher ein Müssen, als ein Können. Während man die Redaktion innerhalb der bestehenden Strukturen gerade noch knapp bewältigen kann, stellt das Community Management Anforderungen, für die kaum eine Organisation gewappnet ist: ständige Bereitschaft, Redundanzen, das Gefühl für Timing und Tonalität. Und nicht zu vergessen, in der Schweiz haben wir vier Landessprachen! Diese Ressourcen intern bereitzustellen, ist, wenn überhaupt, nur in sehr grossen Organisationen möglich. Und damit man nicht nur einen Friedhof von Fans mit sich rumschleppt, die irgendwann mal bei einem Gewinnspiel dabei waren, braucht es ein fein abgestimmtes Storytelling, das die Community immer wieder von neuem mit den Produkten, den Werten und der Identität der Marke involviert.
Das setzt aber auch sehr hohen und kontinuierlichen Schulungsaufwand und sehr gute Schnittstellen ins Unternehmen voraus, oder?
In der Tat, vor allem zu Beginn einer Zusammenarbeit. Aber über Zeit wird man als Partner ja auch so etwas wie ein Mitarbeiter, man hat den Zugang zu den „richtigen“ Stellen und Personen, man kennt die Themen der Community und man beginnt im System der Marke zu denken. Aber natürlich bedarf es auch des Willens und er Offenheit des Auftraggebers, diesen Kanal mit der nötigen Professionalität zu unterstützen. Oberflächliches Marketing Gedöns wird ja bekanntlich von der Community sofort entlarvt oder schlicht nicht beachtet.
Wir predigen immer, dass man keine lokale Fanpage eröffnen sollte, wenn man diese nicht auch mit relevantem lokalem Content bespielen kann. Würdest du die Aussage unterstützen?
Unbedingt. Das beginnt schon bei der Sprache: Finessen im Dialekt, populäre lokale Ausdrücke und das Spiel der regionalen Unterschiede gehören ja zur Lieblingsbeschäftigung der Bevölkerung im Sinne der Identitätsstiftung. Zudem ist der Bezug zu aktuellen, lokalen Themen von grosser Bedeutung und lösen beim Leser ein Gefühl der Vertrautheit aus und führen automatisch zu einem höheren Grad an Glaubwürdigkeit. Umgekehrt führt ein Fehlen dieses lokalen Bezugs zur Preisgabe der Glaubwürdigkeit und im schlimmsten Fall zur Lächerlichkeit.
Jetzt ist der Schweizer Markt ja gar nicht so groß. Ist das für euch eher ein Vor- oder Nachteil?
Beides. Zum einen kennt man sich recht schnell, zum anderen hat der Markt natürlich nicht die Dimensionen, wie zum Beispiel in Deutschland. Aber es ist sicher ein gutes Umfeld, um unsere Techniken zu verfeinern und allenfalls eines Tages in weitere Märkte zu exportieren.
Wie meistert ihr den Spagat zwischen hohem Engagement mit „Und ihr so?“ bzw. „Zum Glück ist bald Wochenende“-Posts und der Vermittlung von weniger sexy Unternehmens und Markenkommunikation?
Ich glaube nicht, dass „zum Glück ist bald Wochenende“ mit irgendeinem Brand etwas zu tun hat, ausser vielleicht mit der Kirche, darum halten wir von solchen Posts nicht viel. Wir sind überzeugt, dass jede Marke eine Geschichte zu erzählen hat, sonst würde es sie ja nicht geben Heute gibt es fast jedes Produkt in einer ähnlichen Form: es ist die Marke, die den Unterschied macht. Die Werte dieser Marke zu verstehen, legt den Grundstein für ein erfolgreiches Storytelling und unsere Erfahrung im Umgang mit der jeweiligen Community erlaubt es uns, die Geschichte so zu erzählen, dass sie dort auch ankommt.
Wie ist deine Einschätzung, haben die Unternehmen schon erkannt, dass Content King ist, oder verlängern die meisten nur ihre Kampagnen nach Facebook?
Wir beobachten, dass viele Unternehmen nach den ersten Gehversuchen die Wesensmerkmale von Facebook und den Nutzen für ihre Marke besser zu verstehen beginnen. Waren zu Beginn viele Aktivitäten getrieben von einem Drang nach dem „Dabeisein“ und möglichst vielen Fans (was zum Teil amüsante Stilblüten mit sich brachte), macht sich heute die Einsicht breit, dass Facebook im Besonderen und Social Media im Allgemeinen eine ganzheitliche und kontinuierliche Herangehensweise erfordert, welche nicht vor Abteilungen und Divisionsgrenzen halt macht. Und dass jedes weitere Vordringen in dieses Feld überlegt und professionell abgestützt sein sollte.
Wo geht die Reise im Bereich globale/lokale Fanseiten hin? Erkennt ihr einen Trend?
Zurzeit mache ich die Erfahrung, dass viele internationale Unternehmen noch über keine globale Facebook-Strategie verfügen. Dies führt oft dazu, dass die einzelnen Ländergesellschaften ihr komplett eigenes Ding drehen und die verschiedenen Fanpages innerhalb des Unternehmens überhaupt nicht miteinander abgestimmt sind. Da bekanntlich das Internet keine Grenzen kennt, ist es für den Nutzer deshalb oftmals sehr verwirrend. Man muss aber auch sagen, dass Facebook erst kürzlich neue Features zwecks der Lokalisierung von globalen Fanseiten eingeführt hat. Die neuen Möglichkeiten bringen einige Vorteile mit sich und wir empfehlen Unternehmen, diese genau zu prüfen und abzuwägen.
Persönlich bin ich ein Fan von globalen Sites, wir betreuen zum Beispiel Coke in der Schweiz. Und unsere Mitarbeitenden sind natürlich stolz, für eine Fanpage mit 48 Millionen Fans tätig zu sein!
Danke für das Interview!