Gastbeitrag von Carina Kröpfl
In der Corona-Krise wird es besonders deutlich: Die Zeiten, in denen “Facebook” oder “Twitter” Fremdwörter in der öffentlichen Verwaltung waren, sind vorbei. Heute setzen auch Ämter und Behörden auf die Reichweite sozialer Medien.
Aber welchen Stellenwert hat Social Media in der öffentlichen Verwaltung, welche Kanäle kommen zum Einsatz und zu welchem Zweck? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten haben wir eine Umfrage mit 137 Vertretern von Organisationen in der öffentlichen Verwaltung im DACH-Raum durchgeführt und zusätzlich interne Daten aus unserem Social Media Management Tool Swat.io ausgewertet.
Außerdem hat Christiane Germann, Expertin für Behördenkommunikation, wertvolle Tipps für die erfolgreiche Behördenkommunikation auf Social Media mit uns geteilt.
Aktuelle Zahlen zu Social Media in der öffentlichen Verwaltung
Die Nutzung von Social Media
Social Media is here to stay. Das zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage deutlich. Nur in rund 13 Prozent der befragten Organisationen spielt Social Media Marketing (noch) keine Rolle.
Entsprechend hoch schätzen die Befragten den Einfluss sozialer Netzwerke in der öffentlichen Verwaltung ein.
Am meisten nutzen Organisationen in der öffentlichen Verwaltung Facebook, gefolgt von Instagram, YouTube und Twitter. Eine kleine Zahl traut sich auch an TikTok und Snapchat.
Dem entspricht der Stellenwert, der einzelnen Kanälen in unserer Umfrage zugesprochen wurde, weitgehend. Wichtig finden viele Befragte außerdem Google My Business. Das liegt wohl daran, dass öffentliche Organisationen Bewertungen über das Portal erhalten.
Art und Ziele der Nutzung
Die Hauptaufgabe von Social Media in der öffentlichen Verwaltung sehen die meisten Befragten darin, Informationen bereitzustellen und mit BürgerInnen oder Interessenten zu kommunizieren. Kaum eine Rolle in den Antworten spielte die Präsentation als Arbeitgeber.
Genutzt wird Social Media auch für bezahlte Werbung, Reputationsmanagement, Erfolgsmessung und Reporting sowie Medienbeobachtung.
Auch Bezahltwerbung in Social Media ist verbreitet in der öffentlichen Verwaltung. Nur ein Drittel der Organisationen in unserer Umfrage schaltet keine Anzeigen. Allerdings sind die Summen, die monatlich für Werbung in sozialen Netzwerken ausgegeben werden, oft gering.
Durchschnittliche Reichweiten von Posts
Wie viele User erreichen Organisationen in der öffentlichen Verwaltung mit ihren Aktivitäten auf Facebook und Co.? Um diese Frage zu beantworten, haben wir Daten aus Swat.io ausgewertet. Als Anhaltspunkt setzen wir sie mit der Anzahl der Fans bzw. Follower in Relation.
Diese Formate sind am erfolgreichsten
Im Social Media Marketing steht seit einiger Zeit fest: Videos sind King. Das gilt weitgehend auch für die öffentliche Verwaltung. Video-Posts erzielten in unserer Auswertung die meisten Interaktionen auf Twitter und Instagram, gefolgt von Bildposts.
Auf LinkedIn schneiden Bildposts am besten ab.
Spitzenreiter auf Facebook sind Link-Posts. Ihre Interaktionsrate ist fast doppelt so hoch wie die von Videos. Organisationen in der öffentlichen Verwaltung profitieren also, wenn sie regelmäßig Verweise auf Blogartikel, Studien oder andere Quellen posten.
Die besten Zeiten zum Posten
Wann sind die besten Tage für das Posten, zum Anfang oder Ende der Woche oder sogar am Wochenende? Auch wenn es sich viele wünschen würden, eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage gibt es nicht.
Aber es lassen sich Tendenzen für verschiedene Netzwerke feststellen. Auf Instagram erzielten Beiträge in unserer Auswertung mit Abstand am meisten Interaktionen am Freitag. Auf Facebook schnitt der Dienstag am besten ab, ebenfalls mit beträchtlichem Vorsprung.
Auf Twitter steigt die Interaktionsrate zum Wochenende hin ab, auf dem beruflichen Netzwerk LinkedIn fällt sie, wenig verwunderlich, eher dagegen ab.
Auch in Hinsicht auf die beste Uhrzeit zum Posten lassen sich “Hotspots” festmachen. Demnach ist der späte Nachmittag bzw. frühe Abend eine gute Zeit, um viele Interaktionen zu erhalten. Außerdem lohnt es sich, in der Mittagspause den einen oder anderen Tweet abzusetzen.
Wichtig: Die idealen Zeiten für das Posten sind von vielen Faktoren abhängig. So spielen zum Beispiel Beruf und Alter der Menschen, die du erreichen willst, eine wichtige Rolle. Verzichte deshalb nicht auf Probieren und Analysieren, um das beste Timing herauszufinden.
Tipps für die erfolgreiche Nutzung von Social Media in der öffentlichen Verwaltung
Social Media bringt ein großes Potenzial für die Kommunikation in der öffentlichen Verwaltung mit. Allerdings stehen Social Media Manager in diesem Bereich auch vor speziellen Fragen und Herausforderungen. Das gilt besonders in der Krisenkommunikation, wie sie während Corona zentral ist.
Um Einsteigern und alten Hasen zu helfen, diese Hürden zu meistern, haben wir uns mit Christiane Germann unterhalten. Die Inhaberin der Agentur Hauptstadtkommunikation kommunizierte während der Flüchtlingskrise für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und beim Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz für das Bundesinnenministerium. Während der Corona-Krise betreut sie Accounts von politischen Organisationen, Behörden und Verbänden.
Was ein Social Media Konzept enthalten sollte
Ein Social Media Konzept ist das Fundament für den erfolgreichen Einsatz von Social Media in der öffentlichen Verwaltung.
Zentrale Bestandteile sind laut Christiane Germann die folgenden:
- Zielgruppen und Ziele: Wen will ich über Social Media ansprechen und was will ich erreichen?
- Inhalte: Durch welche Inhalte will ich meine Zielgruppe adressieren und meine Ziele erreichen?
- Diskussion: Wie sieht meine Community Management Strategie aus? Wie will ich auf Anfragen von Bürgern reagieren?
- Zuständigkeiten: Wer ist für welche Aufgaben zuständig?
- Budget: Wie viel Geld steht mir für das Social Media Management zur Verfügung?
- Personaleinsatz: Wie viel Personal brauche ich?
Warum Automatisierung Grenzen hat
Immer mehr Unternehmen nutzen sie im Kundendienst. Chatbots sparen viel Zeit bei der Beantwortung häufiger Fragen.
Von einem Einsatz in der öffentlichen Verwaltung rät Christiane Germann aber ab: “Die Bürger möchten mit Menschen sprechen, oft sind ihre Fragen an die Behörde auch eher komplex. Meiner Erfahrung nach wird es meist kritisch gesehen, wenn das zu stark automatisiert wird.”
Dasselbe gilt für automatische Antworten über den Facebook Messenger in Krisenzeiten. Stattdessen empfiehlt Christiane Germann, vorübergehend Personal aufzustocken und einen Wochenenddienst einzuführen. Denn in Krisenzeiten hätten Bürger existenzielle Sorgen und deshalb wenig Verständnis für Unerreichbarkeit.
Welche Plattformen in der Krisenkommunikation besonders wichtig sind
Unsere Umfrage hat gezeigt: Organisationen in der öffentlichen Verwaltung nutzen Instagram intensiv. In der Corona-Krise gilt das weniger, so Christiane Germann: “In der Krise wird viel mehr über Facebook kommuniziert, da die Plattform infolastiger ist und eine breitere Zielgruppe anspricht.”
Auch Twitter ist und bleibt ein wichtiger Kanal für Ämter und Behörden. Er eignet sich speziell, um Multiplikatoren zu erreichen, die Informationen dann weitergeben.
Wie sich mit Textbausteinen der Aufwand verringern lässt
In der öffentlichen Verwaltung tauchen immer wieder dieselben Fragen auf. Dann immer die gleiche Antwort zu geben, spart zwar Zeit. Es wirkt aber unpersönlich und hat einen ähnlichen Effekt wie Automatisierung.
Doch es gibt eine andere Möglichkeit, den Aufwand zu reduzieren:
Christiane Germann rät, freigegebene Textbausteinen an einem zentralen Ort zu speichern. Dafür eignet sich zum Beispiel ein Google Doc oder ein Social Media Management Tool wie Swat.io. Die Bausteine können dann bei Bedarf abgerufen werden. Allerdings sollen sie nicht einfach kopiert werden. “ Wichtig ist, den Fragesteller persönlich anzusprechen und die Antwort seinem konkreten Anliegen anzupassen. Da steckt dann nicht mehr viel Arbeit dahinter, die Kommunikation wird dadurch aber viel persönlicher.”
Wie man mit problematischen Kommentaren umgeht
Kein Social Media bzw. Community Manager bleibt davon erspart: Kommentare mit problematischen Inhalten. Speziell in der Corona-Krise sind Social Media Accounts in der öffentlichen Verwaltung eine beliebte Anlaufstelle für Vertreter von Verschwörungstheorien.
Wie reagiert man richtig auf diese?
Löschen ist für Christiane Germann das letzte Mittel, zum Beispiel dann, wenn Kommentare aus rechtlicher Sicht problematisch sind. “Wenn zu viel gelöscht wird, fällt das der Community auf und sie verliert das Vertrauen. Besser ist es, in einer Netiquette festzulegen, welche Form von Diskussion in der Community erlaubt und erwünscht ist. Bei Verstößen kann man dann auf die Netiquette verweisen.”
Auf Kommentare mit Verschwörungstheorien reagiert Christiane Germann, indem sie auf seriöse Quellen verweist und diese in ihrer Antwort verlinkt.
Fazit
Ob Krisenkommunikation, Verbreitung wichtiger Informationen oder die alltägliche Kommunikation mit BürgerInnen, soziale Netzwerke sind eine wertvolle Unterstützung in der öffentlichen Verwaltung. Da ist es nur konsequent, dass immer mehr Ämter und Behörden darauf zurückgreifen.
Allerdings unterscheiden sich die Anforderungen in diesem Bereich teilweise von denen im Social Media Marketing von Unternehmen. Fingerspitzengefühl und persönliche Kommunikation spielen eine zentrale Rolle.
Sehr interessant! Wäre es möglich, zu erfahren, welche Behörden in der Schweiz an der Studie teilgenommen haben?