WhatsApps Newsletter-Verbot: Eine neue Chance für den Conversational Commerce

Gastbeitrag von Stephanie Wißmann

WhatsApp ist der absolute Liebling der Deutschen. Völlig unabhängig von Alter oder Geschlecht nutzen rund 58 Millionen Menschen den Messenger täglich, um mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben. Verständlich, dass sich auch Unternehmen, dieses enorme Potenzial des Messengers zunutze machen wollen. Für viele ist WhatsApp bereits zu einem festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategie geworden – wäre da nicht das Newsletter-Verbot, das am 7. Dezember offiziell in Kraft tritt. Die Verunsicherung über die neue Regelung ist groß. Dabei muss diese keineswegs das Aus für eine kommerzielle Nutzung bedeuten, vielmehr markiert sie den Beginn einer neuen Ära und damit auch eine Chance für Unternehmen, ihren Kundendialog neu zu denken.

WhatsApp for Business: Ein seriöser Neustart

Das größte Problem, was die Nutzung von WhatsApp betrifft, liegt für viele Unternehmen in der Frage nach dem Wie. Tatsache ist nämlich, dass es erst seit August letzten Jahres eine offizielle Business-Lösung gibt. Das bedeutet, dass alle Unternehmen, die den Kanal schon davor für die Kommunikation mit ihren Kunden nutzten, zwangsläufig einen privaten Account anlegen mussten – und das widerspricht explizit den Nutzungsbestimmungen des Messengers. Bisher duldete die Facebook-Tochter diese „Notlösungen“ noch, doch im Dezember ist damit offiziell Schluss. Der Grund dafür ist nicht etwa, dass WhatsApp die kommerzielle Nutzung generell unterbinden möchte. Vielmehr geht es den Betreibern darum, die Oberhand darüber zu behalten, wer die App nutzt – und vor allem wofür. Denn mit einer Übersättigung an Werbe-Mailings und der daraus resultierenden Messenger-Verdrossenheit wäre niemandem geholfen. Und um das zu vermeiden, ist das Newsletter-Verbot der nächste wichtige Schritt.

Die Business API in der Praxis

Wie WhatsApp schon heute DSGVO- und AGB-konform funktionieren kann, zeigt ein aktuelles Beispiel der privaten Fluggesellschaft GlobeAir. Zu den Kunden des Unternehmens gehören viele Sportler, Manager und Prominente, die häufig unter Zeitmangel oder Stress leiden und bei ihren Flugbuchungen deshalb zu spontanen, schnellen Entscheidungen tendieren. Um den Bedürfnissen dieser anspruchsvollen Zielgruppe entgegenzukommen, entschied sich GlobeAir dazu, WhatsApp als zusätzlichen Kommunikationskanal anzubieten. Und das machte sich bereits nach wenigen Wochen bezahlt. Die Leads nahmen um 27 Prozent zu, 20 Prozent mehr Flugtickets wurden verkauft und die Reaktionszeit auf eintreffende Kundennachrichten konnte um 225 Prozent verbessert werden. Die durchschnittliche Antwortzeit liegt nun bei unter 60 Sekunden.

Kundennähe leicht gemacht

Der Fall GlobeAir zeigt, dass die Nutzung WhatsApps nicht nur für die Kunden viele Vorteile bietet. Auch für die Service-Mitarbeiter wird die Beantwortung eingehender Anfragen maximal unkompliziert, was sich deutlich in der Qualität der Beratung und damit letztendlich auch im Umsatz abzeichnet. Dieses beiderseitige Potenzial aus Verunsicherung über mögliche rechtliche Konsequenzen oder gar aus Bequemlichkeit, die eigene Kommunikationsstrategie überdenken zu müssen, zu verschmähen, kann nicht die Lösung sein. Im Gegenteil: In der heutigen Zeit kann eine solche Inflexibilität fatale Folgen haben. Der Konsument ist längst bereit für digital gestaltete Service-Angebote. Mehr noch als das – er wünscht sie sich sogar. Im Rahmen einer aktuellen Umfrage gab jeder Zweite an, Terminvereinbarungen, beispielsweise beim Friseur oder mit dem Bankberater, gerne direkt über WhatsApp abwickeln zu können. 39 Prozent würden außerdem gerne eine Beratung per Messenger anstelle der herkömmlichen Telefon-Hotline in Anspruch nehmen. Und etwa jeder Vierte wünscht sich die Möglichkeit, direkt per Chat Tickets kaufen und Informationen über aktuelle Angebote erhalten zu können. Unternehmen, die diese gesteigerten Bedürfnisse ihrer Kunden ignorieren, werden dem Druck des Marktes langfristig nicht standhalten können.

Vom Messenger zum Personal Shopper

Hat ein Unternehmen einen seriösen Kooperationspartner gefunden, der WhatsApp rechtskonform in seine bestehenden CRM- oder ERP-Systeme implementiert, sind die Möglichkeiten, die der Messenger bietet, mindestens ebenso vielfältig wie der E- und Offline-Commerce selbst. Vor allem für Onlineshops bedeutet der neue Kommunikationskanal ein großes Plus. Ihnen wird im Vergleich zum stationären Handel häufig immer noch die fehlende Beratung durch fachlich geschultes Personal vorgeworfen. Mit der Hilfe von WhatsApp können Online-Händler diese Lücke endich schließen: Ein Food-Startup, das auf Gewürze, gesunde Snacks und Nahrungsergänzungsmittel spezialisiert ist, kann Kaufinteressierten per Push-Nachricht beispielsweise mit wichtigen Tipps zu den unterschiedlichsten Ernährungstypen zur Seite stehen – inklusive passender Links zu Rezepten und Koch-Tutorials. Doch auch für Händler vor Ort kann WhatsApp noch einiges leisten. Da es vor allem an Zeit im Alltag häufig mangelt, gibt es kaum etwas Frustrierenderes, als im Laden nicht das gewünschte Produkt zu finden. Um dies zu vermeiden, kann der Kaufinteressent bereits im Vorfeld via WhatsApp die aktuelle Verfügbarkeit anfragen und sich somit einen unnötigen Weg ersparen. Gleichzeitig bekommt der Händler die Möglichkeit, Alternativen anzubieten oder den Kunden darüber zu informieren, wann das Wunschprodukt wieder auf Lager ist – ganz persönlich und unkompliziert.

Wer es seinen Kunden besonders einfach machen möchte, der kann auf seiner Website außerdem einen Button einbauen, der direkt in den Chat leitet. Mit der offiziellen Business API können dafür sogar dieselben Festnetz- und 0800-Nummern verwendet werden, die auch für die Service-Hotline in Nutzung sind. So ist die lange Suche nach der richtigen Telefonnummer endlich vorbei. Dasselbe gilt für Werbeposts auf Facebook oder Instagram: Auch hier können die (potenziellen) Kunden durch die neue Click-to-WhatsApp-Funktion direkt in Kontakt zum Unternehmen treten. Und damit ist die Serie an neuen Features noch nicht beendet. In den kommenden Wochen und Monaten wird die Facebook-Tochter immer wieder neue Tools launchen, die den Kundendialog via WhatsApp noch vielseitiger machen.

Startschuss für eine zeitgemäße Kommunikation

Mit einer offiziellen Lösung stellt das Newsletter-Verbot, das am 7. Dezember in Kraft tritt und dem massenhaften Versand von Mailings ein Ende setzt, für Unternehmen kein Hindernis mehr dar – sondern viel mehr eine Chance, ihre Kommunikationsstrategie ab jetzt so nutzerfreundlich und zukunftsgewandt zu gestalten, dass sie sich optimal in das Leben ihrer Kunden einfügt. Dank des Smartphones, das sie ohnehin immer in der Hosentasche tragen, hat WhatsApp das Potenzial, den Kundendialog auf ein völlig neues Level zu heben und dadurch zum Shopping-Berater der Zukunft zu werden.

Stephanie Wißmann
Stephanie Wißmannhttps://www.tyntec.com/
Stephanie Wißmann ist Expertin für innovative und digitale Strategien und Geschäftsmodelle. Seit 2016 ist sie für das internationale Kommunikationsunternehmen tyntec tätig, wo sie derzeit die Position Vice President Digital and Growth innehat. Neben ihrer Beschäftigung bei tyntec hat sie 2016 ein eigenes Startup gegründet. Stephanie Wißmanns Anliegen ist es, das Kundenverhalten hinsichtlich ihrer Bedürfnisse kritisch zu analysieren und komplexe Prozesse zu vereinfachen, indem sie eine optimale Verbindung von unternehmerischen Konzepten, Technologie und Design schafft.

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3 Kommentare

  1. Aber eine offizielle Lösung von Whatsapp für die bisherigen Newsletter (z.B. tägliche Nachrichten-Übersicht von Zeitungen) gibt es erstmal nicht, oder?
    Da ging es ja nicht um interaktive Shopping-Bots, sondern eben um das tägliche Verschicken von kurzen Nachrichten und Informationen.

    • Nein, gibt es nicht. Diese Usecases waren noch nie erlaubt – auch wenn mancher Anbieter den Eindruck erweckt haben mag. WhatsApp sagt ganz offiziell: We are not a broadcasting service.
      Sie wollen nicht wie E-Mail zum Spam-Fänger werden.

      Pull-Kommunikation ist jederzeit möglich.

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