SPAM oder Marketingchance? Rechtliche Grenzen von Facebooks neuer Nachrichtenfunktion

Facebook macht es Betreibern von Facebook-Seiten einfacher, mit ihren Besuchern in Kontakt zu treten. Insbesondere wird es möglich sein, per Privatnachricht auf ihre Kommentare zu antworten. Dadurch eröffnet sich zugleich ein neuer Kanal für Direktmarketing, wenn man die Privatnachricht als Träger von Werbebotschaften nutzt.

Doch immer wenn sich eine Chance zum Direktmarketing eröffnet, wird zugleich das Recht aufmerksam. Auch in diesem Fall sollten Sie die neue Funktion nicht als einen Freifahrtsschein für Werbung ansehen. Es gibt aber einen Graubereich, in dem Sie durchaus mit Werbeabsicht agieren können.

Um den Graubereich nutzen zu können, müssen Sie jedoch zuerst das Schwarz und Weiß des Direktmarketings kennen.

So stellt sich Facebook die Beantwortung von Kommentaren mittels PNs vor.
So stellt sich Facebook die Beantwortung von Kommentaren mittels PNs vor.

Die gesetzlichen Grundlagen im Direktmarketing

Die nachfolgenden Anti-Spam-Regeln sind gesetzlich geregelt und gelten so praktisch in allen Ländern, also auch der Schweiz und Österreich. Sie werden ferner von Facebook in Punkt 5.1. der Nutzungsbedingungen für verbindlich erklärt:

Das Gesetz trifft keine Regelungen für Facebook-Nachrichten, aber für Werbung mittels „elektronischer Post“. Diese darf nur mit vorhergehender Einwilligung versandt werden (s. § 7 Abs.2 Nr.3 UWG). Die Einwilligung muss man als Absender nachweisen können, was mit Bestätigungsmails im  Double-Opt-In-Verfahren bewerkstelligt wird.

Elektronische Post“ ist jede „über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird“ (Art. 2 S.2 lit.h der Datenschutzrichtlinie). Folglich fällt auch eine Facebook-PN hierunter.

Werbung“ ist  weit zu verstehen und umfasst alle Maßnahmen zur Absatzförderung, das heißt nicht nur direkte Produktangebote, sondern auch Image-Pflege oder Einladungen auf Facebook-Seiten. Nicht zur Werbung gehören Kommunikationen im Geschäftsverhältnis, wie z.B. Antworten auf Fragen von Nutzern.

„Einwilligung“ bedeutet, dass ein Nutzer sich aktiv damit einverstanden erklären muss Werbung zu empfangen, nachdem er unterrichtet worden ist, mit welcher Art der Werbung rechnen muss (sog. „informierte Einwilligung„).

Nunmehr müssen wir schauen, wie sich diese Regelungen bei Facebooks neuen Nachrichtenfunktionen auswirken.

Wann Antworten auf Kommentare zur Werbung werden

Wenn Privatnachrichten als Antworten auf Kommentare der Nutzer versendet werden, dann stellt sich zunächst die Frage, ob es Werbung ist.

  • Fall: Keine Werbung – Geht die Antwort auf den Kommentarinhalt ein (z.B. „Hallo Berta, Du hattest gesagt, dass … Dazu meinen wir, dass …„), dann ist es m.E. keine Werbung. Letztendlich ist es aber nichts anderes als eine Mitteilung wie  „X hat auf Deinen Kommentar geantwortet„. Es ist aber durchaus vertretbar es anders zu sehen, weil eine Privatnachricht ein tieferes Eindringen in die Kommunikationssphäre des Nutzers ist. D.h. PNs fesseln die Aufmerksamkeit mehr, als bloße Benachrichtigungen.
  • Fall: Werbung – Wenn nicht auf den Kommentar eingegangen wird, sondern lediglich eine Werbenachricht versendet wird (z.B. „Neues Gewinnspiel. Mach jetzt mit!„), dann ist es eindeutig Werbung.
  • Fall: Werbezusatz – In dieser Konstellation wird an eine kommentarbezogene Nachricht eine Werbeaussage gehängt, z.B. „Hallo Paul, Du hattest gesagt, dass … Dazu meinen wir, dass …. Übrigens, mach bei unserem neuen Gewinnspiel mit!„). Das LG Stuttgart (Urteil v. 4.2.2015, Az. 4 S 165/14) hielt einen solchen Werbezusatz für zulässig, aber nur wenn er der eigentlichen Nachricht folgt und nicht aufdringlich ist. Umfasst sind damit die typischen Mail-Signaturen, Websitelinks, aber auch die Werbung für eine mobile App. Ob und wie weit sich andere Gerichte dem anschließen, ist aber nicht klar.
Wenn Sie wie ich in diesem fiktiven Beispiel die PN-Funktion lediglich als Werbeträger nutzen würden, würde dies sowohl aus der Sicht des Gesetzes, wie auch von Facebooks Seite aus unerlaubten SPAM darstellen.
Wenn Sie wie ich in diesem fiktiven Beispiel die PN-Funktion lediglich als Werbeträger nutzen würden, würde dies sowohl aus der Sicht des Gesetzes, wie auch von Facebooks Seite aus unerlaubten SPAM darstellen.

Wenn Sie davon ausgehen, dass Ihre Nachricht Werbung darstellen könnte, stellt sich die Frage  der Einwilligung.

Grenzen der Einwilligung in Werbung per Privatnachricht

Zwar werden Nutzer nicht ausdrücklich in die Kommentar-PNs einwilligen, jedoch könnte eine Generaleinwilligung der Nutzer vorliegen, die durch von Facebook bei der Registrierung eingeholt worden ist. Dabei erklärten sich Nutzer mit Facebooks Nutzungsbedingungen einverstanden, die kurz gesagt  solche Arten von Änderungen umfassen.

An dieser Stelle müsste man sich jedoch fragen, ob die Nutzer auch damit rechnen mussten, dass diese Änderungsvorbehalte Werbung per PN beinhalteten. Denn nur dann wäre die Einwilligung rechtlich zulässig. Dabei ergeben sich die folgenden Antworten:

  • Fall: Keine Werbung – Geht die PN nur auf die Kommentare der Nutzer ein, so sehe ich dies von der Generaleinwilligung als gedeckt an.  Letztendlich ist es nur die Modifikation der bisherigen Kommentar-Funktion.
  • Fall: Werbung – Anders sehe ich es bei Werbenachrichten ohne Bezug zu den Kommentaren der Nutzer. Damit mussten diese nicht rechnen und auch Facebooks generelles SPAM-Verbot (3.1 der FB-NB) verbietet die Antwort-Funktion für direkte Werbung zu nutzen.
  • Fall: Werbezusatz – Das ist der spannende Punkt und etwas für Risikofreudige. Dabei sehe ich eine kurze Signatur mit Link zum Shop als zulässig an, da es noch im Rahmen des Üblichen liegt. Ein kleiner Werbehinweis auf ein Produkt/Aktion, vor allem wenn sie auf der Facebook-Seite stattfindet, wäre schon etwas risikoreicher, aber m.E. noch im hinnehmbaren Rahmen. Bei ganzen „Werbeblocks“ oder die Anpreisung konkreter Artikel sehe ich dagegen ein hohes Risiko.
Eine solche Signatur halte ich rechtlich zulässig und denke auch nicht, dass Facebook damit Probleme haben wird. Dennoch sollten Sie Ausschau halten, ob Facebook nicht irgendwann Guidelines herausbringt, die bestimmte Inhalte verbieten.
Eine solche Signatur halte ich rechtlich zulässig und denke auch nicht, dass Facebook damit Probleme haben wird. Dennoch sollten Sie Ausschau halten, ob Facebook nicht irgendwann Guidelines herausbringt, die bestimmte Inhalte verbieten.

Fazit und Praxistipp

Die Möglichkeit auf Kommentare per Privatnachricht zu reagieren rechtlich ungefährlich, solange Sie nur auf die Kommentare eingehen. Nicht ohne Risiko, aber in einem rechtlich-wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bewegen sich kurze Signaturen mit werbenden Hinweisen zu Aktionen auf der Facebookseite sowie Links zur Website, Shop oder App.

Dagegen ist es verboten, ohne Bezug zum Kommentar Werbenachrichten zu versenden. In diesen Fällen könnten sich Nutzer nicht nur bei Facebook beschweren und so eine Rüge oder gar Accountsperrung herbeiführen, sondern sich auch mit einer Abmahnung wehren. Diese wird nicht nur ca. 500 Euro an Kosten nach sich ziehen, sondern auch ein strafbewehrtes Verbot bei Facebook rechtswidrige Werbenachrichten zu versenden. Da es schwer einzuschätzen ist was rechtswidrig ist, wird die Folge eine ständige Befürchtung sein, bei Fehleinschätzungen eine Vertragsstrafe von ca. 500 Euro oder mehr zahlen zu müssen.

Daher lohnt es sich die rechtlichen Fragen des Social-Media-Marketings vorab zu klären, da es hinterher zu spät ist. Dazu empfehle ich Ihnen auch meine Beiträge „Birgt Ihr E-Mail-Newsletter ein Abmahnrisiko? – Schlechte Beispiele und Gute Beispiele“ sowie „Direktmarketing und Nutzeransprache in Social Media – wann liegt abmahnbarer Spam vor?„.

Image Credits: sibgat @ shutterstock.com

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke
Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenkehttps://drschwenke.de
Dr. jur. Thomas Schwenke, LL.M. (UoA), Dipl.FinWirt (FH), ist Rechtsanwalt in Berlin, berät international Unternehmen sowie Agenturen im Marketingrecht, und Datenschutzrecht, Vertragsrecht und E-Commerce, ist Datenschutzsachverständiger, zertifizierter Datenschutzbeauftragter sowie Referent, Blogger, Podcaster und Buchautor. Podcast: Rechtsbelehrung, DSGVO-Datenschutzerklärung: Datenschutz-generator.de.

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5 Kommentare

  1. Hallo,
    müsste es in der zweiten Aufzählung unter dem zweiten Punkt nicht „Werbung“ statt „keine Werbung“ heißen?

    Danke für den Artikel – interessant und hilfreich.
    Viele Grüße,
    Melanie

  2. Man sollte vielleicht erwähnen, dass das zitierte Urteil des LG Stuttgart (Urteil v. 4.2.2015, Az. 4 S 165/14) NICHT rechtskräftig ist und im Dezember vom BGH (VI ZR 134/15, Unerwünschte Werbung) verhandelt wird, danach wird denke ich Klarheit herrschen:

    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2015&nr=71871

    Es ist aber davon auszugehen, so meine Sicht, dass der BGH solche Mails/Nachrichten als klassische Werbung einstuft. Ansonsten wäre ja Tür und Tor geöffnet.

    Reiner

  3. Hallo,
    als Werbeanhang bei einer nachricht von meinem „(Ex-)Freund“ fremdgeh.com zu sehen geht echt zu weit!
    Bin heilfroh das ich von selbst vor 2 Monaten heraus gefunden hatte das er sich auf solchen Seiten rumtreibt ansonsten hätte ich dies wohl so rausgefunden.
    Echt mies!!

  4. Hallo,
    wie sieht es denn aus, wenn ich Fußballvereinen, die auf Ihrer eigenen Facebookseite in einem Seitenbeitrag Trainer suchen, mit meiner Facebookseite auf diesen Beitrag antworten möchte und quasi meine Web-Plattform vorschlagen möchte (z.B.: „Habt ihr dazu schon mal die Plattform xy ausprobiert?“), wo Fußballvereine Trainer und Spieler finden können. Ist das bedenklick?

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