Am Montag der vergangenen Woche startete das wohl größte Fernsehexperiment dieses Jahres. BR-Moderator Richard Gutjahr hat die Größen der deutschen Frequenzbestrahler um sich versammelt und gegen 23 Uhr im Bademantel mit Daniel Fiene an seiner Seite zur Premiere der „rundshow“ im BR gebeten. Ein neues „Social TV“-Format, das die Echtzeit-Partizipation der Konsumenten durch Google+-Hangouts, Tweets und Facebook-Posts intensiver machen will, als je zuvor. Selbst eine eigene App gibt es, über die die Zuschauer applaudieren, „Buh!“ rufen oder abstimmen können.
Zwar lief in der ersten Sendung nicht alles rund und viele Zuschauer zeigten sich enttäuscht. Schon nach der zweiten Sendung am Dienstag war das Feedback aber positiver. In einem kleinen Fazit für das „tobiasgillen Blog“ zog Moderator Richard Gutjahr ein positives Resümee und kam zu einem Satz, der mich zu diesem Thema in der heutigen Kolumne bewogen hat: „Es ist gut zu wissen, dass wir jetzt einen Werkzeugkasten völlig neuer Kommunikationsmittel haben, die offenbar auch funktionieren.“
Zugegeben: Die Kommunikationsmittel Facebook, Twitter, Handy, Blog, Google+ und Kommentarfunktionen gibt es nicht erst seit gestern, das weiß Gutjahr als wohl fortschrittlichster ARDler selbst am besten. Auch die Idee vom „Mitmach-Fernsehen“ ist nicht wirklich neu. ZDFInfo beispielsweise setzt seit 2010 auf seine interaktive Politsendung „log in“, die seine Gesprächspartner neben der Studiodiskussion mit Fragen von Twitter und Facebook löchert. Spannend ist aber, dass endlich auch die ARD verstanden hat, dass das Internet gerne auch genutzt werden darf.
Über Facebook etwa werden nicht nur Kommentare entgegengenommen und unter Umständen in der Show eingeblendet und besprochen. Es wird auch ein Livestream angeboten, der sowohl die Redaktionskonferenz am Nachmittag raushaut, als auch die Liveshow selbst am Abend. In Kombination mit den anderen Netzwerken bietet das Netz für die „rundshow“ also eine komplett neue Chance, empfangen zu werden und durch das hohe Aufkommen der Tweets und Posts (am Premierentag waren es 4.000 Tweets an die Redaktion) sowohl zusätzliche Meinungen, als auch neue Zuschauer zu generieren.
Dass das „Mitmach“-TV in Deutschland vernachlässigt wurde, ist eigentlich eine Schande. Denn spannend ist eine Sendung für den Zuschauer doch erst dann, wenn er mitbestimmen kann, was passieren oder besprochen werden soll. Gutjahr und Fiene gehen einen richtigen Weg, den sie dringend weiter verfolgen sollten. Ebenso wie die „log in“-Menschen vom ZDF. Das Netz bietet so viele Chancen, so viele neue Möglichkeiten. Und anstatt mal wieder von all den Gefahren zu sprechen, spricht man inzwischen von einem „Werkzeugkasten völlig neuer Kommunikationsmittel“. Guter Anfang!
In seiner wöchentlichen „AllFacebook.de“-Kolumne „Draufgeklickt!“ geht der freie Journalist Tobias Gillen jeden Freitag auf News, Probleme, Konkurrenten und Innovatives aus der Welt des Mark Zuckerberg ein. Im Netz ist er außerdem auf seiner Website, Twitter und Facebook zu finden